Gegen den Schulterschluss von Polizei und AfD: Rede bei der Antifa-Demo am 30.6.

Die antifaschistische Demonstration „In Feudenheim und überall – Der AfD entgegentreten!“, die am 30. Juni 2023 durch Mannheim-Feudenheim zum Schützenheim zog und lautstark gegen die AfD-Umtriebe protestierte, setzte ein starkes Zeichen gegen rechte Hetze. Bei der Abschlusskundgebung hielten wir einen Redebeitrag, den wir hier dokumentieren.

Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,

unter den heute für die AfD in Feudenheim auftretenden Gästen ist auch der Bundestagsabgeordnete Martin Hess, Polizist aus Baden-Württemberg und in seiner Partei unter anderem dafür zuständig, Strategien zu entwickeln, um eine Beobachtung seiner Partei oder einzelner Mitglieder durch den so genannten Verfassungsschutz zu verhindern. Schwerpunkte seines „Wirkens“ sind unter anderem die Forderung nach immer härterem Vorgehen gegen Geflüchtete und alle, die sich im weitesten Sinne links engagieren – so forderte er unter anderem ein Verbot der Interventionistischen Linken.
Dass zahlreiche Polizist*innen in den Reihen der AfD aktiv sind, bei Wahlen kandidieren und in Parlamenten sitzen, ist nichts Neues – in keiner anderen Partei sind es prozentual gesehen mehr als bei der AfD. Die AfD reklamiert schließlich für sich, in der Bekämpfung von Kriminalität und bei Themen der „Inneren Sicherheit“ große Kompetenzen aufzuweisen. Neben dem Kampf gegen ihre Lieblingsfeindbilder EU, Migration, Grüne und Feminismus ist „Law and Order“ ein zentrales Thema der Partei. Darüber versucht sie auch bürgerliche Wähler*innen mit liberal-konservativer Werteorientierung anzusprechen. Sie will diesen Bereich staatlichen Handelns ausbauen. Das AfD-Grundsatzprogramm fordert unter anderem bessere Ausrüstung, IT-Tools und mehr Respekt für Polizist*innen, darüber hinaus schnellere Abschiebungen und weniger Datenschutz.
Die AfD sieht sich dabei als Interessenvertreterin von Polizist*innen. In den Parlamenten und auf Social-Media-Kanälen macht sich die Partei für die Beamt*innen stark. Sie fordert mehr Wertschätzung für den Polizeiberuf, bessere Ausstattung, mehr Eingriffsrechte sowie den Schutz vor vermeintlichen linksextremistischen Angriffen auf Beamt*innen.
Gewalt gegen Polizeibeamt*innen werde gezielt enttabuisiert, so die AfD. Ebenso steige die Kriminalität im Land. Vor allem in ländlichen Regionen sei die Polizei kaum präsent, was letztlich „zur Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols“ führe. Die Forderungen der AfD stimmen dabei weitgehend mit denen der „Deutschen Polizeigewerkschaft“ überein: mehr Personal, bessere Ausrüstung, mehr Eingriffsmöglichkeiten und weniger Bürokratie.
Der Diskurs um „Innere Sicherheit“ hat durch das Auftreten der AfD eine gewisse Dynamik gewonnen. Zwischen der AfD und den Unionsparteien CDU/CSU gibt es eine unausgesprochene Koalition bei diesem Thema. Oft ist es der AfD angesichts von medial und politisch inszenierten Paniken jedoch kaum noch möglich, eine striktere Sicherheitspolitik und polizeiliche Praxis zu fordern, als die, die schon praktiziert wird. Im Zuge der Aufregung nach den Anti-G20-Protesten 2017 in Hamburg zum Beispiel fiel der AfD nichts anderes mehr ein, als die Erschießung von Randalierer*innen zu fordern.
Ein ganz großer Teil der AfD-Positionen besteht in autoritärer Sicherheitspolitik. Damit gibt es einen Link zu bürgerlichen Kräften, insbesondere zu den Unionsparteien. Ihrer Selbstdarstellung als Fundamentalopposition läuft dies zwar entgegen, schadet der AfD bei Wahlen jedoch nicht, da sie damit ein autoritäres Strafbedürfnis ihrer Wähler*innen abrufen kann.
Besonders die sogenannte Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) unter ihrem Vorsitzenden Rainer Wendt lässt die Grenzen zu extrem rechten Positionen im Bereich „Innere Sicherheit, wie sie die AfD vertritt, häufig verschwimmen. Diese Pseudogewerkschaft vertritt politische Positionen aus dem konservativen bis rechten Spektrum, vor allem aber fällt sie durch radikale innenpolitische Forderungen auf. So fordert sie beispielsweise die Ausrüstung der Polizei mit Gummigeschossen oder die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende.
Der Vorsitzende der „Deutschen Polizeigewerkschaft“ Rainer Wendt, Mitglied sowohl in CDU als auch CSU, ist prominenter Wortführer der Positionen aus dem rechten Spektrum. Aktuell sind die Grenzen zwischen den Positionen von CDU/CSU, der DPolG und der extrem rechten AfD zum Teil fließend.
Berührungsängste der DPolG mit der AfD gibt es offensichtlich ebenfalls keine: Einladungen der AfD akzeptierte die DPolG sehr schnell, nachdem sich die Partei in den Parlamenten breitgemacht hatte. Bereits innerhalb der ersten Legislaturperiode, in der die AfD in den sächsischen Landtag eingezogen war, besuchte Wendt die dortige AfD-Fraktion. Hetzerische Statements von Rainer Wendt und der DPolG werden eifrig von AfD-Accounts auf Social-Media-Plattformen geteilt und positiv kommentiert.
Die DPolG ist zwar aktuell kein gewerkschaftlicher Arm der AfD. Beunruhigend ist jedoch, dass sie aus dem konservativen bis rechten Spektrum dazu beiträgt, extrem rechten Positionen, wie sie die AfD vertritt, im politischen Mainstream eine große Akzeptanz zu verleihen.
Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass in der Gewerkschaft der Polizei, von vielen als die „demokratische“ und „gemäßigtere“ Polizeigewerkschaft bezeichnet, ebenfalls autoritäre bis rassistische Verhaltensmuster widerspruchslos gelebt werden können. So unterteilt Thomas Mohr, GdP-Vorsitzender hier in Mannheim, auf Facebook Menschen gerne öffentlich in „Personen mit deutschem Pass“ und „deutsche Personen“.
Eine Gesellschaft, in der Rassismus und andere rechte Einstellungen weit verbreitet sind, bekommt auch eine Polizei mit entsprechenden Positionen. Personen mit einer gewissen autoritären Orientierung sind besonders häufig bei der Polizei zu finden. Diese erlernen und leben einen Korpsgeist, der die Institution gegen Kritik von außen und gegen „Störenfriede“ oder „Nestbeschmutzer“ in den eigenen Reihen schützt. Polizist*innen werden aufgrund des Zusammenhalts seltener sanktioniert. Sie entfalten aber vor allem eine ganz andere Wirkmächtigkeit, sind sie doch mit Knüppel, Pistole, gesellschaftlicher Glaubwürdigkeit und hoher juristischer Unantastbarkeit ausgestattet.
Die juristische Unantastbarkeit zeigt sich nicht nur in Fällen wie dem der Tötung von AP durch Mannheimer Polizisten im letzten Jahr – hier wird immer noch überlegt, ob es denn wirklich einen Prozess braucht, wenn ein Mensch in einer absoluten Angstsituation durch Faustschläge von Polizisten zu Tode kommt. Die Unantastbarkeit zeigt sich auch in all den Fällen, in denen Betroffene von Polizeigewalt nicht einmal versuchen, Anzeige zu stellen, da sie erfahrungsgemäß nicht nur nicht zu ihrem Recht kommen, sondern mit Gegenanzeigen belangt und häufig bestraft werden.
All dies stößt bei einer Partei wie der AfD nicht nur auf keinerlei Kritik, sondern soll im Gegenzug immer weiter befördert und ausgebaut werden. Auf vielerlei Kanälen appelliert diese Partei immer schriller und lauter an die Bestrafungsgelüste ihrer Wähler*innenschaft gegenüber allen, die als vermeintliche Feind*innen ausgemacht werden – und es besteht kein Zweifel daran, dass sie es in die Tat umsetzen wird, sobald es ihr möglich ist.
Deshalb ist es umso wichtiger, den Tendenzen zum „Autoritären“ entgegenzutreten und die Gemeinsamkeiten und Kompatibilität der Polizei mit der AfD und anderen Rechten aufzudecken. Der Schulterschluss zwischen der AfD und staatlichen Funktionsträger*innen und Institutionen muss entschieden bekämpft werden.
Die zunehmende Militarisierung der Polizei und die autoritäre Formierung, die die AfD mit sonstigen rechten bis hin zu faschistischen Zielen verknüpft, dienen der Aufrechterhaltung des Status Quo – zu deutsch: Sie dienen der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Herrschaftssystems. Diese autoritären staatlichen Entwicklungen sind Teil einer präventiven Aufstandsbekämpfung, die bereits Kritik und fortschrittliche Ansätze im Keim ersticken will.
Wenn wir Kapitalismus und Krieg beenden wollen, wenn wir Rassismus, Patriarchat und andere Formen von Ausbeutung und Diskriminierung konsequent bekämpfen wollen, ist die Konsequenz für uns klar:
Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem Staat und Kapital!

Dieser Beitrag wurde unter General abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.