WeFightEveryCrisis: Rede bei FridaysForFuture am 22. Mai 2020

Im Folgenden der Redebeitrag, den wir auf der Kundgebung von FridaysForFuture Heidelberg am 22. Mai 2020 auf dem Uniplatz Heidelberg gehalten haben:

Liebe Klimagerechtigkeitsaktivist*innen,
wir begrüßen euch.
Uns gefällt das Substantiv „Klimagerechtigkeit“ eigentlich ganz gut, weil es sofort auf etwas hindeutet, das wir alle hier letztendlich haben wollen: eine solidarische Gesellschaft, in der zu leben es sich unter anderem deshalb lohnt, weil sich auch um die gesellschaftlich Schwachen, Prekarisierten, Ausgebeuteten, Stigmatisierten, Vertriebenen, Alleingelassenen, vom Klimawandel am brutalsten Betroffenen gekümmert wird. Wo eben nicht ausschließlich das Recht des Stärkeren, des Rücksichtlosen, des Verblendeten, des Ignoranten gilt.
Zunächst:
Pandemien erzeugen Krisen unterschiedlichen Ausmaßes, im schlimmsten Falle weltweit. Die Corona-Pandemie ist eine globale; und davon betroffen sind tatsächlich fast alle Nationalstaaten dieser Erde – ebenfalls unterschiedlich stark.
Als Reaktion darauf gibt es Krisenbewältigungsstrategien; es gibt staatliche, zivilgesellschaftliche und staatlich-zivilgesellschaftliche – dabei wiederum können die Länder untereinander über bilaterale oder multilaterale Abkommen von „besonders eng“ bis „gar nicht“ zusammenarbeiten.
Und hier fängt jetzt das Problem an, und wir müssen ein Land in den Fokus nehmen, weil es sonst ausufert: Wir nehmen also die BRD. Dieser Staat hat als „materielle Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse“ in einer bestimmten Weise auf die Corona-Pandemie reagiert. Wie, haben wir alle in den letzten Monaten mitbekommen; und wir werden in Zukunft noch mitbekommen, wie er mit dieser offensichtlichen Krise umgeht. Hier muss jetzt also nicht geklärt werden, ob die Krisenbewältigungsstrategie darin bestand oder besteht, einen „Klassenkampf von oben“ vom Zaun zu brechen oder am Ende, das noch nicht in Sicht ist, doch wieder alles auf die so genannten Steuerzahler*innen abzuwälzen. Es reicht eigentlich, darauf hinzuweisen, dass ein kapitalistisches Herrschaftssystem, und das ist die BRD nun einmal, sich selbstkonstituierend immer im „Krisenmodus“ befindet, weil dieser zu den objektiven Grundbestandteilen der warenproduzierenden/wertschöpfenden Verdichtung regulativer Machtkomponenten gehört.
Uns interessiert hier und heute, wie bestimmte politische, soziale Milieus, Gruppen, Parteien, Einzelpersonen auf die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie reagieren und was Verschwörungsideologien damit zu tun haben.
Auch das konnten wir in den letzten Monaten sehen: Relativ früh – also bereits Anfang/Mitte April – thematisierten Gruppen und Parteien rechts von der CDU die Grundrechts-Einschränkungen, die mit diesen staatlichen Maßnahmen einhergehen. Schon da war klar, dass sich dieses in jeder Hinsicht heterogene rechte Milieu zunächst einmal nur auf so etwas einigen musste wie: „Die nehmen mir meine Freiheit!“ Und warum nehmen sie dir deine Freiheit? „GRUNDLOS!“
Es geht also zunächst um das Eröffnen eines Diskursfeldes; das ist in diesem Falle inhaltlich das inszenierte, raumgreifende Debattieren über einen Staat, der den Bürger*innen angeblich grundlos ihre Freiheit nimmt. Denn, so die Argumentation dieser Corona-Leugner*innen: Dieses Virus, von dem plötzlich alle sprechen, das gibt es gar nicht; oder: es ist absolut ungefährlich, harmlos; oder: davon verrecken sowieso nur diejenigen, die sowieso verreckt wären usw. Was hat das mit mir zu tun? Ich bin jung, gesund, stark, „deutsch“ usw.
Und wenn das funktioniert, und das hat funktioniert, kann das Politikfeld, zu dem es werden soll oder geworden ist, besetzt werden: Mit Verschwörungsideologien. Damit werden für gewaltige globale Problemstellungen, die in ihrer Unüberschaubarkeit und Komplexität beängstigend wirken, einfachste Denkschablonen geschaffen, die klare oder „undeutliche“, „verschwommene“ Schuldige benennen. Und wie so oft in der Geschichte wird dabei auf antisemitische Stereotype zurückgegriffen, die schon im Mittelalter als Erklärungsmuster für die Pest herhalten mussten: von den kinderbluttrinkenden Eliten, von denen QAnon schwadroniert, bis zu Rothschild und Soros, deren Namen am vorigen Samstag auf dem Parkplatz am Messplatz in Kirchheim auf Schildern zu lesen waren.
Warum wird das eröffnete Politikfeld, auf das möglichst viele wütende Menschen gezogen werden sollen, mit Verschwörungsideologien okkupiert? Weil die Organisator*innen und politischen Nutznießer*innen der größer und größer werdenden „Grundrechts-Demos“ oder „Hygiene-Demos“ das mobilisierbare Potenzial nur dadurch steigern können, indem sie den davon Angezogenen eine Erklärung liefern. Denn ohne ein begründetes Anliegen, ohne das Engagement für eine Veränderung der Bedingungen, unter denen die Leute leben müssen, muss nicht zusammen mit anderen auf die Straße gegangen werden.
Und diese Erklärungsvermittlung klappt eben auch nicht immer so gut. Hier hat es aber geklappt.
Emanzipatorische Ansätze – also das Eröffnen der Möglichkeit, eine befreite Gesellschaft zu erwirken -, sollten von Anfang an keine Rolle spielen bei diesen Sammelbewegungen, also wurde das in heftigen Krisen „bewährte“ Phänomen aktiviert, einen rechten Verblendungszusammenhang herzustellen, der mit Verschwörungselementen gezimmert wird.
Ideologie ist es, weil in den angesprochenen gesellschaftlichen Gruppen ein falsches Bewusstsein erzeugt werden soll; im Groben besteht es darin, das objektiv Mögliche nicht mehr sehen zu wollen oder sehen zu können und sich – symbolisch oder ganz konkret – autoritär formierter Herrschaft unterzuordnen: Um „Grundrechte“ sollte es niemals gehen, das ist viel zu universalistisch. Grundrechte gelten ja für alle.
Und Verschwörungen sind jene Elemente, die an diese Verblendung dran gehängt werden, um sie „schmackhafter“ aufbereiten zu können:
Rechte Erklärungsmuster kommen oder: die rechte Welt kommt niemals ohne Bedrohung aus. Es gibt immer etwas, das sich im Geheimen oder ganz offen gegen sie – ihre Welt – verschwört. Ein bedrohliches Gefühl der Fremdbestimmung soll in der als „deutsch“ definierten Bevölkerung Zustimmung finden.
Verschwörungen sind immer mystifizierende Aushebelungen materialistischer oder wissenschaftlicher Deutungen der Welt, die Wirkmächtigkeit besitzen oder entwickeln können/sollen.
Ihre Gefährlichkeit besteht darin, dass sie in ihrer Flexibilität, Funktionalität, Emotionalisierung, Homogenisierung auf komplexe Problemstellungen aufgepropft werden können.
Sie sind immer eine verkürzende, reduzierende, aber vehemente Klärung irgendeiner Schuldfrage, die an irgendeinem gesellschaftlich bedeutenden Punkt aufgeworfen wird, z.B.: „Wer hat das Virus in die Welt gebracht und warum?“ Antisemiten beantworten dieser Frage mit: „Das Virus ist ein Patent aus den USA, die in Israels Auftrag die Welt versklaven.“
Das Muster ist immer das gleiche, es wird nur auf graduell unterschiedlichem Niveau „geblendet“.
„Schuld“ sind immer die anderen! Meistens dunkle Mächte, oft gleich die „Neue Weltordnung“, Menschen, denen ein Jüdischsein zugeschrieben wird, so genannte Fremde…
Garniert wird das Ganze mit rassistischen, antisemitischen, misogynen Bildern von zentral gesteuerten Programmen, mit denen „die Deutschen“ vergiftet, umgevolkt oder ausgerottet werden sollen; flankiert von einer angeblichen Diktatur, die ihnen die Freiheit nimmt, sie unterdrückt.
Und genau solche Leute treffen sich seit Wochen auf diversen Plätzen in Heidelberg. In der bunten Mischung finden sich rechte Esoteriker*innen, Reichsbürger*innen und Flacherdler*innen ebenso wie seit Jahrzehnten bekannte Nazifunktionär*innen. Alle, die sich dazustellen und die teilweise aus dem militant-neonazistischen Milieu stammenden Reden beklatschen, fördern die weitere Akzeptanz von Antisemitismus, Rassismus und Sozialdarwinismus, die verschwörungsideologisch aufgeladen sind.

Solidarität statt Ausgrenzung!
Für Klimagerechtigkeit!
Gegen Verschwörungsideologien!
Gegen Fake-News!
Gegen Wissenschaftsleugnung!
Gegen Antisemitismus!

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BlockTddZ: Gemeinsam den Naziaufmarsch am 6. Juni in Worms verhindern!

Am 06.06.2020 wollen Neonazis um die NPD und Die Rechte den so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Worms durchführen. Der TddZ ist ein seit 2009 jährlich stattfindender Aufmarsch der rechtsradikalen Szene in Deutschland. Nach vielen Jahren faschistischer und antisemitischer Hetze wird Worms voraussichtlich die letzte Station sein.

Vor diesem Hintergrund hat sich im Sommer 2019 das Aktionsbündnis „Block TddZ Worms“ aus lokalen Aktivist*innen und organisierten antifaschistischen Gruppen gegründet.

Worms und die Region sind seit langem ein beliebtes Ziel für Neonazis. Zuletzt wurde die Stadt Alzey häufiger zum Ausflugsziel der Faschist*innen von Die Rechte Südwest und dem Nationalen Widerstand Zweibrücken. 2015 wurde Worms zum Schauplatz eines Aufmarsches von Neonazis der NPD, der mit Blockaden gestoppt werden konnte. Zuletzt versuchten Neonazis den Femizid an einer Wormserin für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Der TddZ hat Eventcharakter. Wir werden aber nicht nur zu diesem Anlass auf die Straße gehen, sondern auch abseits der großen Veranstaltungen dafür sorgen, dass Worms für die Faschist*innen ein hartes Pflaster ist. Ihrer Ankündigung, bis dahin in der Stadt präsent zu sein, treten wir mit Entschlossenheit entgegen.

Dass Naziaufmärsche mehr als politischer Ausdruck sind, sondern auch der Vernetzung innerhalb der Szene dienen, zeigen Bilder vom Rudolf-Heß-Marsch 1996 in Worms, auf dem Mundlos und Zschäpe gemeinsam mit ihren Kamerad*innen aus dem mutmaßlichen Unterstützerumfeld des NSU demonstrierten.

Unser Ziel ist es, dass die Geschichte des TddZ mit einem Scheitern in Worms endet. Zu diesem Zweck werden wir Aktionen des zivilen Ungehorsams sowie Demonstrationsstrategien planen, an denen sich alle Menschen beteiligen können. Dabei sind wir solidarisch mit allen anderen Aktions- und Protestformen.

Wir rufen alle Antifaschist*innen dazu auf, sich an den Aktionen zivilen Ungehorsams am 06.06.2020 in Worms zu beteiligen! Gemeinsam gegen den Naziaufmarsch!

Mehr Infos unter blocktddzworms.de

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Antifaschistischer Protest gegen erneute rechte „Hygiene-Kundgebung“ am Kirchheimer Messplatz am 16. Mai 2020

Nach der letzten Corona-Leugner*innen-Kundgebung auf dem Heidelberger Universitätsplatz (siehe unsere PM vom 10.5.20) waren die Anmelder*innen seitens des Ordnungsamts darauf hingewiesen worden, dass sie dieses Altstadt-Areal für eine Kundgebung aus infektionsschutzgesetzlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestellt bekommen könnten, vor allem nachdem sie diesmal mit 500 bis 1000 Teilnehmer*innen eine ganz andere Größenordnung angegeben hatten. Daraufhin wichen sie am 16. Mai kurzerhand auf den Parkplatz am Messplatz in Kirchheim aus: Hier könnten sich die von den Rechten erwarteten Massen, denen 50 bis 100 Ordner*innen zugesellt werden müssten (ein*e Ordner*in für 10 Demonstrant*innen), problemlos auf einer abgesteckten Fläche versammeln. Versammlungsleitend organisiert wurde diese stationäre Kundgebung wie schon in den letzten Wochen erneut von Aktivist*innen aus dem faschistischen „Frauenbündnis Kandel – Zusammenhalt für Deutschland“; allerdings mit der ausdrücklichen Bitte an die Gleichgesinnten, sich doch für weitere „Demos“ einen „größeren Ort“ in Innenstadtnähe „zu suchen“. Und übrigens sei es schließlich auch durchaus einmal möglich, mit einem deutschen Mob durch die Heidelberger Fußgänger*innenzone „zu laufen“.
Neben der von den rechten Veranstalter*innen selbst ins Spiel gebrachten Kundgebungsortsverlegung bestand der größte Unterschied zur letzten Woche darin, dass so genannte Corona-Rebellen parallel dazu aufgerufen hatten, am gleichen Tag nach Mannheim auf den Marktplatz zu kommen (siehe ausführlich im Bericht von KIM). Dieser rechte Auftritt sollte um 17 Uhr beginnen, damit die Teilnehmer*innen der Messplatz-Versammlung noch Zeit hätten, rechtzeitig bei den „Corona-Rebellen“ in Mannheim zu sein.
An diesem Samstag versammelten sich dann tatsächlich wieder einige Verschwörungstheoretiker*innen, Antisemit*innen, Faschist*innen, Sympathisant*innen der Identitären Bewegung, Reichsbürger*innen, AfDler*innen, Esoteriker*innen, Impfgegner*innen, Deutschtümelnde, Fake-News-Verbreiter*innen, Nazi-Schläger und Burschenschafter auf dem abgelegenen Messplatz am Rand von Heidelberg-Kirchheim. Es waren deutlich weniger Leute als noch die Woche zuvor gekommen; was dieses Mal fast komplett fehlte und nicht ausschließlich der Abgeschiedenheit des Platzes geschuldet war, waren „verwirrte Bürger*innen“ oder „Zufalls-Zaungäste“, die sich das Spektakel nur anschauen wollten. Von den gerade einmal 90 Teilnehmer*innen sind die meisten eindeutig rechten Organisationsstrukturen, Parteien und Milieus zuzuordnen.
Unter anderem teilgenommen haben: Reiner Berberich aus Mannheim (NPD, Redner auf den Kandel-Demos, TddZ-Teilnahme Karlsruhe-Durlach Juni 2017), Matthias Niebel (AfD Heidelberg), Max Fritzsche aus Hockenheim (Fascho-Schläger, früher im Umfeld der „Deutschen Liste“, brutaler Angriff auf einen Menschen mit Migrationshintergrund in Sandhausen 2007, Sympathisant der Identitären Bewegung), Matthias Blaumann aus Mannheim [früher ebenfalls im Umfeld der „Deutschen Liste“, mit Fritzsche zusammen 2007 beteiligt am Angriff auf einen Menschen mit Migrationshintergrund in Sandhausen, später IB (u.a. Großdemo der IB in Berlin 2017, Kundgebung der IB in Heidelberg im Februar 2018, Provo-Aktion auf der Seebrücke-Demo im Juli 2018), mittlerweile im Umfeld des III. Wegs], Alice Blanck (AfD Heidelberg), Michael Wenglorz aus Mannheim [Dresdener Burschenschaft Salamandria, Pegida-Umfeld (am 22.09.2016 Redner bei Pegida Fürth – für die IB), IB (2016 mit IB-Fahne in Wien, 19.11.2017 Kranzniederlegung für die IB in Heidelberg)], Timethy Bartesch (AfD-Gemeinderat Heidelberg), Jürgen Felger aus Heddesheim [rechter YouTuber (seit April 2018), starke AfD-Nähe, Pegida-Fan, Merkel- und Grünen-Hasser, Klimawandel-Leugner, Anhänger diverser Verschwörungstheorien (Corona-Diktatur, Soros …), macht auf seinem Kanal Werbung für Elsässers Compact-Magazin, fordert das Verbot „der Antifa“].
Diese Ballung der Crème de la Crème der Szene zeigt, dass die Verschwörungstheoretiker*innen und ihre rechten Umtriebe kein harmloses Phänomen von Spinner*innen sind, denen wir durch unsere Beobachtung und Proteste unnötig große Aufmerksamkeit verschaffen. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass die Aluhüte umgehend wieder in der Versenkung verschwinden, und müssen insbesondere die zentrale Beteiligung organisierter Nazis ans Tageslicht zerren. Gegen dieses Bündnis über verschiedene rechte und rechtsaffine Milieus hinweg ist entschlossener Protest nötig.
Kurz vor 15 Uhr, also zum offiziellen Kundgebungsbeginn, formierte sich eine mit Transparenten, vielen Schildern und Fahnen ausgestattete antifaschistische Gruppe auf dem Parkplatz am Messplatz. Die etwa 80 Antifaschist*innen stellten sich dann, um den Ablauf des Geschehens besser stören und anderen Rechten den exklusiven Platz „wegnehmen“ zu können, direkt auf die für die Kundgebung abgesteckte Fläche innerhalb der Markierungen. Den Ordner*innen gelang es zu keinem Zeitpunkt, die antifaschistische Ansammlung von der Fläche zu werfen; und auch die Polizei hatte kein wirkliches Interesse daran, die Linken abzudrängen. Nun begannen die Antifaschist*innen, die ihren Protest genau an jenem Ort zum Ausdruck bringen wollten, an dem sich menschenverachtende Ideologeme Bahn ins öffentlich Wahrnehmbare zu brechen versuchen, lautstark Parolen zu skandieren. Dadurch wurden die anwesenden rechten Verschwörungstheoretiker*innen massiv aus ihrem Konzept einer störungsfreien Kundgebungsdurchführung gebracht: Reden waren kaum zu verstehen, Beiträge wie das „Deutschlandlied“ verstummten zwangsläufig schon nach wenigen Sekunden, und der Ablauf musste mehrmals unterbrochen werden. Dementsprechend wurde es für sie auch schwieriger, ihre angemeldete Veranstaltung ordnungsgemäß durchzuführen und pünktlich zu beenden, um noch rechtzeitig nach Mannheim zu kommen.
Kurz vor 16 Uhr bewegte sich die antifaschistische Gruppe geschlossen weg vom Parkplatz am Kirchheimer Messplatz.
Auf dem Universitätsplatz hatte die Grüne Jugend ab 15 Uhr eine Kundgebung unter dem Motto „Gemeinsam durch die Krise – Freiheit und Solidarität“ angemeldet, um ein Signal gegen die Verschwörungstheoretiker*innen zu setzen. Am Anfang hatten sich ein paar Rechte dorthin verirrt, die dann aber schnell von dannen zogen. Auf der Kundgebung, die von etwa 120 Personen besucht wurde, kamen Vertreter*innen der Grünen, der Grünen Jugend, der SPD, der JuSos, der Linken, der Seebrücke Heidelberg und von Fridays For Future zu Wort.
In Mannheim begannen dann gegen 17 Uhr die „Corona-Rebellen“, eine Versammlung auf dem Marktplatz durchzuführen. Hier zeigte sich ein ganz anderes Bild als in Heidelberg. Abgesehen davon, dass hier keine Teilnehmer*innen gesichtet wurden, die vorher schon auf dem Parkplatz am Messplatz in Heidelberg gestanden hatten, war es ein stark von Nazi-Hooligans dominierter Auftritt ohne jegliches technisches Equipment; es gab laut KIM weder eine Redner*innentribüne noch eine Lautsprecheranlage – nicht einmal ein Megaphon. Hier ließ die Polizei die Nazis, Reichsbürger*innen und AfDler*innen aber bei allem, was sie machten, gewähren (von der Befolgung der üblichen Corona-Auflagen wie Maskenpflicht und 1,5 Meter Abstand ziwschen den Leuten keine Spur). Als dann aber eine größere antifaschistische Gruppe sich dem Marktplatz nähern wollte, wurde diese von den eingesetzten Polizeikräften brutal angegriffen. Obwohl die rechten Corona-Leugner*innen nicht die offizielle Regierungspolitik vertreten (im Gegenteil: manche von ihnen fordern ganz offen die Liquidierung der Bundeskanzlerin) und massenhaft gegen alle staatlichen Auflagen verstoßen, sie gar noch verhöhnen, beschützt sie das Exekutivorgan der BRD und prügelt auf Antifaschist*innen ein. Das ist ein Skandal!
Aber auch von massiver Polizeigewalt werden wir uns nicht davon abbringen lassen, antifaschistischen Protest dort hinzutragen, wo er nun einmal hingehört: direkt da, wo sich die Rechten, die Faschist*innen, die Verschwörungstheoretiker*innen zu versammeln versuchen, um „unsere“ Grundrechte zu verteidigen. Denn ein „Grundrecht“ gehört bestimmt nicht dazu, und das ist jenes auf Nazi-Propaganda.

Auch in Zeiten von Corona gilt für uns: Kein Fußbreit den Faschisten!

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD/iL), 17.05.2020

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Bundeswehr im PHV: Soldat*innen gegen Corona?

Im Ankunftszentrum für Geflüchtete im Patrick-Henry-Village (PHV) herrscht seit zwei Wochen eine Ausgangssperre, weil eine Coronavirus-Infektion bei einem der 800 Bewohner*innen festgestellt worden war. Bewohner*innen durften seitdem die Anlage nicht verlassen, obwohl es innerhalb der Einrichtung aufgrund der Zimmergröße und Belegung sowieso schon schwer möglich ist, die vorgegebenen Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten. Für die Bewohner*innen bedeutet dies: Keine Einkaufsmöglichkeit, keine Freizeitangebote, kein Kontakt zur Außenwelt; nicht einmal per Internet, da das Netz extrem instabil ist. Die Geflüchteten im PHV werden unter schlechten Bedingungen auf engem Raum zusammengehalten. Die Ansteckung weiterer Geflüchteter in der Unterkunft wird durch solche Maßnahmen nicht unterbunden, sondern befördert.

Nun sind seit einer Woche auch 70 Soldat*innen der Bundeswehr im PHV stationiert. Dass nun Menschen, die teils aus Kriegsgebieten geflohen sind und teilweise schwere Traumata von Kampfhandlungen davongetragen haben, ausgerechnet von Soldat*innen betreut werden sollen, ist mehr als fragwürdig. Diese Bedenken wischt ein Militärarzt im PHV in einem Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung mit „das spielt keine Rolle“ weg. Doch, das spielt sehr wohl eine Rolle.

Ebenso die Tatsache, dass Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) persönlich bei Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer um Unterstützung durch das Militär gebeten hat. Er besuchte am 13. Mai mit Vertreter*innen der Bundeswehr das PHV und erklärte außerdem, die Bundeswehr trete dort nicht als Wach- oder Sicherheitsdienst auf, sondern helfe nur bei der Verteilung von Essen, Getränken und Seife. Dass die Bundeswehr aktuell in großem Ausmaß Amtshilfe leisten soll, findet seine Gründe in der Vernachlässigung von Strukturen der Katastrophenhilfe sowie in der fortschreitenden Privatisierung im Pflege- und Gesundheitswesen. Bereits vor der Corona-Krise herrschten teils verheerende Zustände in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Wenn das Gesundheitssystem über die letzten Jahrzehnte kaputtgespart wurde, die Ausgaben im Militärhaushalt jedoch stetig gestiegen sind, ist es mehr als zynisch, wenn die Bundeswehr nun als Retterin in der Not präsentiert werden soll.

Mitte März 2020 waren die ersten Rufe nach dem Einsatz der Bundeswehr zur Eindämmung der Corona-Pandemie laut geworden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die „stärkere Einbindung“ der Bundeswehr „angesichts dieser Krise [als] unabdingbar“. Kurze Zeit später trötete Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ins selbe Horn. Sie gab bekannt, dass die Bundeswehr alles tun werde, „was in unserer Macht steht“, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Diese Forderungen beschränkten sich noch darauf, dass das Militär im Gesundheitsbereich lediglich aushelfen solle.

Das baden-württembergische Innenministerium forderte am 6. April in zwei Anträgen 374 Soldat*innen zur „Bestreifung einer Isolierstation und Erstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen“ an. Das brachte eine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag zutage.

Beim Verteidigungsministerium waren aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 1. April mehrere Anträge eingegangen, bei denen 207 und 217 Soldat*innen als Wachpersonal für Sicherheitsaufgaben sowie die Überwachung der Quarantänemaßnahmen und die Einhaltung der Ausgangssperre angefordert wurden. Mit weiteren Anträgen des Regierungspräsidiums Stuttgart summiert sich die Zahl der von Baden-Württemberg angefragten Soldat*innen auf insgesamt 893.

Die Gewährleistung der so genannten Inneren Sicherheit – so zumindest das Grundgesetz – ist Aufgabe der Polizei, der Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols; dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren sind eigentlich strenge Grenzen gesetzt, die nicht eingerissen werden dürfen. Eigentlich. Trotzdem stehen 15.000 Soldat*innen als Reserve für Einsätze im Inneren zur Verfügung, 700 davon sind derzeit im direkten Einsatz.

Immer wieder werden Naturkatastrophen, Unglücke und andere Krisen in Deutschland oder außerhalb genutzt, um das Agieren des Militärs zur Herstellung oder Wahrung der „Inneren Sicherheit“ zu legitimieren. So nun auch bei der Corona-Pandemie, mit deren Eindämmung durch staatliche Maßnahmen die Militarisierung der Gesellschaft vorangetrieben und ein angeblicher „Notstand der Demokratie“ zelebriert werden soll. In der Corona-Krise geht es aktuell vor allem darum, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, um eine kritische Masse von Schwerkranken zu verhindern, die gleichzeitig intensivmedizinische Behandlung benötigen. Wenn dieser Fall eintreten würde, wäre auch die Bundeswehr nicht dazu in der Lage, diese Lage zu bewältigen – das zeigen die Beispiele Spanien und Italien mehr als deutlich. Von den zurzeit 184.001 aktiven Soldat*innen gehören 19.945 dem Bereich „Zentraler Sanitätsdienst“ an (Zahlen nach DFG-VK), der aber bereits mit der Gesundheitsversorgung von Soldat*innen im Inland und bei den Kriegseinsätzen im Ausland ausgelastet sein dürfte.

Auch wenn das Grundgesetz den Einsatz des Militärs im Inneren vor allem aus geschichtlichen Gründen streng eingrenzt, sind diese heute sicherlich nicht weniger relevant. Wer aktuell den Einsatz des Militärs befürwortet oder diesen anfordert, setzt sich dem Verdacht aus, nicht die Versorgung und Behandlung von Kranken und Schwerstkranken sicherstellen zu wollen, sondern die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit der Bundeswehr durchsetzen zu wollen, also z. B. durch die Überwachung von Ausgangssperren, das Bewachen von Geflüchtetenunterkünften oder Grenzen, die Verteilung von Lebensmitteln oder – im schlimmsten Fall – durch die Bekämpfung von Aufständen. Der kontinuierliche Ausbau des Polizeistaats sowie der Einsatz der Bundeswehr im Innern verdeutlichen die Zementierung des autoritären Staates. Die Grünen mischen mittlerweile an vorderster Front mit und entlarven sich als eine treibende Kraft bei der Einschränkung demokratischer Rechte.

Die Menschen im PHV können vieles brauchen: eine sichere Bleibeperspektive, ein Zuhause, Privatsphäre, stabile soziale Kontakte und Menschen, die ihnen helfen, anzukommen.

Mit Waffen ausgerüstete Menschen, die diese Woche Essen verteilen und nächste Woche wieder töten üben, gehören nicht dazu.

Gegen die Militarisierung der Gesellschaft, für die Wahrung der Menschenrechte hier und überall! Deshalb auch von uns der Verweis auf die morgige Demonstration der Seebrücke Heidelberg:
Beginn: 16 Uhr, Friedrich-Ebert-Platz Heidelberg
16.45 Uhr am Wilhelmsplatz
17.30 Uhr Grünstreifen neben Fuß/Radweg hinter der Bahnstadt/Feld

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD/iL), 13.05.2020

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PM: Nazis, Querfront und antifaschistischer Protest auf dem Heidelberger Uniplatz

Massiver antifaschistischer Protest gegen rechte Corona-Leugner*innen auf dem Universitätsplatz Heidelberg am 9. Mai 2020

Am 9. Mai 2020 hatte sich ab 15 Uhr erneut eine größere Gruppe aus Faschist*innen, Verschwörungstheoretiker*innen, Querfrontler*innen, Mitgliedern der Identitären Bewegung, Reichsbürger*innen, AfDler*innen, Esoteriker*innen, Impfgegner*innen und deutschtümelnden Sympathisant*innen auf dem Universitätsplatz Heidelberg versammelt. Unter dem durchschaubaren Vorwand, den durch die getroffenen Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie bedingten Grundrechte-Abbau wieder zurückzudrängen, tritt sie seit Mitte April 2020 öffentlichkeitswirksam in Heidelberg in Erscheinung, um ihre menschenverachtende Ideologie an ein breiteres Publikum zu bringen. Bisher hatte sie dreimal ohne nennenswerten Widerstand agieren und provozieren können.
Gestern schlug ihr zum ersten Mal massiver antifaschistischer Protest entgegen, der den Ablauf dieser stationären Kundgebung von fast 200 Personen empfindlich stören konnte. Nahezu 100 Antifaschist*innen waren – ausgestattet mit Antifa-Fahnen, Transparenten, Schildern – gekommen, um sich direkt am Rande des markierten Versammlungsareals der Rechten und Erzreaktionäre sicht- und hörbar zu postieren: Von dort aus konnte mit Sprechchören und diversen Lärm produzierenden Gegenständen Unruhe stiftend auf die Teilnehmer*innen und Redner*innen des verschwörungstheoretischen Auftritts eingewirkt werden.
Angemeldet worden war die Kundgebung, die sich zwar auf die ebenfalls am gestrigen Tag in anderen Städten initiierten Auftritte aus dem neu entstandenen „Widerstand 2020“-Zusammenschluss bezieht, aber ihm organisatorisch nicht subsumiert werden kann, wie schon bei den letzten drei Malen von Aktivist*innen aus dem faschistischen „Frauenbündnis Kandel – Zusammenhalt für Deutschland“; Christa Groemping aus diesem „Bündnis“ verlas die Auflagen.
Äußerst negativ aufgefallen ist gestern der Betreiber des YouTube-Kanals „W.I.M.-Wirtschaft.Information.Meinung“, der dafür live gestreamt hat: Jürgen Felger ist die ganze Zeit filmend und „interviewend“ durch die Menschenansammlungen gegangen, um dabei die anwesenden Antifaschist*innen provokativ und bedrohlich beispielsweise danach zu fragen, warum sie denn heute hier seien und wer sie bezahlen würde. Aus seiner Homepage und seinen Social Media geht eindeutig hervor, dass der Heddesheimer Diplom-Volkswirt ein glühender Verehrer explizit faschistischer AfD-Funktionäre ist. Das ist auch der Grund, weshalb er gestern immer wieder laut in seinen Live-Stream hinein brüllte, dass Antifaschist*innen „Terrorist*innen“ seien, die „verboten“ werden müssten.
Und auch sonst konnten wir in den letzten Wochen hier in Heidelberg – angefangen bei der Solidaritätskundgebung für die rechte Verschwörungstheoretikerin und vehemente Corona-Leugnerin Beate Bahner vor der Polizeidirektion am 15.04.2020 – immer wieder beobachten, dass die Klientel, die sich zu Auftritten solcherart locken lässt, aus einem mobilisierbaren Spektrum beziehungsweise Milieu stammt, das ideologisch und organisatorisch nahezu ausschließlich am äußersten rechten Rand der Parteienlandschaft und der sozialen Bewegungen zu verorten ist.
Ein von den Veranstalter*innen ausdrücklich gewolltes und teilweise sogar mit Redebeiträgen „belohntes“ Stelldichein gaben sich bisher unter anderem der NPD-Kader Jonathan Stumpf (siehe unsere Presseerklärung vom 02.05.2020), Reiner Berberich (NPD, Kandel-Demonstrationen), der NPDler Christian Mörtl, Sören Cors (AfD Edingen, „Jesus Freaks“), Michael Wenglorz (Identitäre Bewegung, Pegida, „Tag der Patrioten“), Matthias Niebel (AfD Heidelberg), Christa Groemping (Frauenbündnis Kandel) und Alice Blanck (AfD Heidelberg).
Die auf diesen Versammlungen bisher gehaltenen Redebeiträge zeigen deutlich auf, dass die Vortragenden in keiner Weise gewillt sind, auf den patriarchal disponierten Klassencharakter der staatlichen Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie einzugehen, und die am stärksten davon betroffenen Menschen ausschließlich dazu herangezogen werden, die so genannte Falschheit dieser „diktatorischen“ Maßnahmen zu illustrieren. Eine Verbesserung ihrer Lebensumstände wird mit keinem Wort angestrebt; und trotzdem – und das ist das Gefährliche daran – schließen sich solchen „Protesten“ auch Personen an, die in besonderem Maße durch Prekarisierung bedroht werden und auch schon vor Corona bedroht wurden. Auch sie gehen bisweilen dem wirkungsvollen Narrativ „Sorge um Grundrechte“ auf den Leim, das als „unpolitisch“ verkleidet wird.
Zwar mag nicht jede*r der bisherigen Teilnehmer*innen an diesen Kundgebungen diese aus tief empfundener Zustimmung zu rassistischen oder sozialdarwinistischen Positionen besucht haben; jedoch bleibt festzuhalten, dass auch diese Teilnehmer*innen aktiv und wissentlich dazu beitragen, solche Positionen zu normalisieren und in den Bereich des Diskutablen zu integrieren. Jegliche Hinweise auf rechte Akteur*innen werden bei Seite gewischt, mit dem Verweis, mensch sei „unpolitisch“ und wolle „den Menschen wahrnehmen, nicht die Parteizugehörigkeit“. Dies öffnet Räume für nationalistische und rassistische Propaganda, die durch fehlende Nichteinordnung als „zu äußernde Meinung“ legitimiert wird.
Die antifaschistische Szene hier in Heidelberg und Umgebung konnte gestern unter Beweis stellen, dass sie mobilisierungsfähig und selbst unter den Bedingungen bewegungsfreiheitseinschränkender Coronapandemie-Zeiten extrem reaktionäre, extrem rechte Auftritte in der Stadt massiv zu stören im Stande ist. Und zwar direkt dort, wo sie in Stellung gebracht werden.

Auch in Zeiten von Corona gilt für uns: Kein Fußbreit den Faschisten!

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD/iL), 10.05.2020

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PM: Rassistischer Überfall vor Gericht – Attacke auf Wieslocher Eiscafé

Am 5. Mai 2020 beginnt in Heidelberg der Prozess wegen eines rassistisch motivierten Angriffs, der sich im September 2018 in Wiesloch ereignet hatte.
Am Abend des 8. September 2018 hatte eine Gruppe aus mindestens sechs Personen, darunter namentlich bekannte Nazis aus dem Kraichgau, Besucher eines Eiscafés in der Wieslocher Hauptstraße angegriffen. Die Angreifer stammten aus Sinsheim, Angelbachtal, Mühlhausen und Graben-Neudorf und können teilweise dem Umfeld der aufgelösten „Freien Nationalisten Kraichgau“ zugerechnet werden.
Sechs Beschuldigte müssen sich jetzt wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, der Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor Gericht verantworten. Die Angreifer hatten zum Teil mit Mobiliar auf ihre Gegner eingeschlagen. Einer der Schläger trat auf einen am Boden liegenden Mann ein.
Auf einem Video, das unter anderem den Angriff der Neonazis zeigt, ist mehrfach der Hitlergruß zu sehen. Zeugen berichteten darüber hinaus von Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“; auch die verbotene Parole „Heil Hitler“ sei gefallen.
Besonders brisant: Einer der mutmaßlichen Täter ist Angestellter bei der Polizei. Er sei, so die „Stuttgarter Zeitung“ am 4. Mai 2020, als Waffenmechaniker in einer Karlsruher Werkstatt des Polizeipräsidiums Technik, Logistik und Service beschäftigt. Der 32-Jährige sei derzeit vom Dienst freigestellt. Ihm könne nach einer Verurteilung die Entlassung drohen.
Wir rufen die Medien ausdrücklich dazu auf, den Prozess in Heidelberg für die Öffentlichkeit kritisch zu begleiten. Zunächst sind zwei Verhandlungstage, 5. und 7. Mai, angesetzt. Der Prozess findet aus Platzgründen im Landgericht Heidelberg (Saal 1) statt.

AIHD/iL – Heidelberg, 4. Mai 2020

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PM: Corona-Demo auf dem Uniplatz mit Nazi-Kadern und Verschwörungstheorien

Demonstrationen der VerschwörungstheoretikerInnen um Beate Bahner endgültig in rechtem Fahrwasser – Nazikader Jonathan Stumpf spricht bei Kundgebung am 2. Mai 2020 auf dem Uniplatz

Was sich bei den Solidaritätskundgebungen für die Corona-Leugnerin Beate Bahner längst abgezeichnet hatte, ist mit der heutigen Kundgebung auf dem Universitätsplatz überdeutlich geworden.
Einer der zentralen Redner war der Nazikader Jonathan Stumpf.

Der 1988 geborene Stumpf schwankte in seiner politischen Biographie bislang zwischen der NPD und dem militanten Kameradschaftsspektrum (“Heidnischer Sturm Pforzheim”) und versuchte in den letzten Jahren, sich zum „intellektuellen Stichwortgeber“ der Identitären Bewegung zu machen. Im vergangenen Jahr kandidierte er erfolglos als Spitzenkandidat der Mannheimer NPD für den Gemeinderat.
In der Nazipostille „Volk in Bewegung“ skizzierte Stumpf im Jahr 2016 seine „Vision eines neuen Europas“:

„Ein weißer Ethnostaat ist notwendig für das Überleben der weißen Rasse, weil alle Staaten Westeuropas sowie all seine überseeischen Ableger vom großen Austausch betroffen sind. Die USA, Kanada, Australien und Europa sind nicht mehr als Ganzes zu retten, höchstens Teile davon.“ (…) „Die Rasse zuerst! Diese drei Worte fassen meine persönlichen Überzeugungen am prägnantesten zusammen“.

Seine Rede wurde von den 200 anwesenden DemonstrantInnen mit frenetischem Beifall, „Deutschland!“- und „Widerstand!“-Rufen gefeiert. Im Schatten der Pandemie versuchen Rechte seit geraumer Zeit, antisemitische Verschwörungstheorien und völkische Konzepte salonfähig zu machen.
Dass bei den Heidelberger Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen nicht nur Wirrköpfe und VerschwörungstheoretikerInnen das Sagen haben, sondern dass sie ganz gezielt zur rechten Mobilmachung genutzt werden, beweist auch die Zusammensetzung der TeilnehmerInnen. Von örtlichen AfD-FunktionärInnen wie Alice Blanck und Matthias Niebel über das ReichsbürgerInnenspektrum bis hin zur offen neonazistischen Szene waren alle Spielarten des rechten Randes vertreten.

Wer die UnterstützerInnenszene Beate Bahners jetzt noch als „psychisch kranke Wirrköpfe“ verharmlost, der verschließt ganz bewusst die Augen davor, dass sich hier ein Schulterschluss von AfD-nahen WutbürgerInnen bis hin zum terroristischen Nazispektrum anbahnt.

Auch in Zeiten von Corona gilt für uns: Kein Fußbreit den Faschisten!

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Der Fall Bahner: „Nur“ eine geistig Verwirrte?

Unser Beitrag zu der rechten Kundgebung auf dem Gelände der Heidelberger Polizeidirektion ist auf große Resonanz gestoßen, hat aber bei einigen auch Fragen aufgeworfen. Deshalb wollen wir noch einmal klarstellen, warum wir Frau Bahner als rechte Verschwörungstheoretikerin bezeichnen, obwohl sie ja ganz offensichtlich große psychische Probleme hat und zumindest zeitweise geistig verwirrt ist.

Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass es uns nicht darum geht, den dringend notwendigen Kampf um Grundrechte und Versammlungsfreiheit im Zeichen der Corona-Pandemie zu diskreditieren: Im Gegenteil: Der fast schon liebevolle Umgang mit der rechten Kundgebung offenbart, wie willkürlich und selektiv Demonstrationsverbote staatlicherseits gehandhabt werden. (Linke bekommen gerade stattdessen die volle Härte des Ausnahmezustands zu spüren, selbst wenn sie sich streng an Abstandsregeln und Coronaverordnungen halten)

Warum reden wir also im Zusammenhang mit Frau Bahner von einer rechten Kampagne?
Auch psychisch kranke Menschen handeln und reden nicht im politisch luftleeren Raum. Die Versatzstücke, aus denen Frau Bahner ihre krude Weltsicht zusammenbastelt, stammen aus antisemitischen, holocaustverharmlosenden Ideologien sowie Ideen der „Reichsbürgerbewegung“.

Dass sie in ihrem gegenwärtigen geistigen Zustand dabei kaum zur rechten Theoretikerin oder Organisatorin taugt, ist dabei nebensächlich. Auch der Attentäter von Halle wies ja deutliche Anzeichen auf, die nahelegen, dass er massive psychische Probleme hat. Seine Tat bleibt dennoch rechter Terror.
Wir haben keine Anzeichen für eine Zugehörigkeit Bahners zu einer Organisation der extremen Rechten. In der Vergangenheit war sie in der „Freien Wähler Vereinigung“ aktiv, einer Gruppierung, die im konservativ-rechten und wirtschaftsliberalen Spektrum zu verorten ist. Aber ob sie selbst gemeinsam mit offenen Faschisten organisiert ist oder nicht: Sie benutzt ihre Argumente, benutzt ihre Worte und ihre Erzählungen.
Entscheidend ist, wen Frau Bahner mit ihren Aktivitäten anspricht. Schon zu Beginn war zu beobachten, dass vor allem Nazis, ReichsbürgerInnen und AfD auf ihre Coronaleugnungskampagne aufsprangen und offensichtlich auch mit ihr vernetzt waren. Das hat sich bei der jüngsten Kundgebung bestätigt. Fast die gesamte Heidelberger AfD-Prominenz war anwesend, ebenso der wegen seiner neonazistischen Umtriebe aus der AfD ausgeschlossene Landtagsabgeordnete Stefan Räpple und etliche RepräsentantInnen der Reichsbürgerbewegung.
Wer behauptet, auf der Kundgebung wären nur zweihundert geistig Verwirrte herumgestanden verkennt und verharmlost die Dynamik gegenwärtiger faschistischer Mobilisierung. Diese setzt zunehmend neben politischer Organisierung auf die Schaffung eines häufig verschwörungstheoretisch unterfütterten Milieus, in dem die Objekte des Hasses durchaus auswechselbar sein können. Dass Frau Bahner geistig verwirrt ist, wissen höchstwahrscheinlich selbst Nazis und AfD. Aber das spielt für sie keine Rolle. Sie erfüllt ihre Funktion.

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Polizei lässt rechte Corona-LeugnerInnen trotz massiven Verstößen gegen das Abstandsgebot gewähren

Polizei lässt rechte CoronaleugnerInnen trotz massiven Verstößen gegen das Abstandsgebot gewähren

Fast 100 Menschen haben sich am 15.4.2020 zu einer Solidaritätskundgebung für die rechte Verschwörungstheoretikerin Beate Bahner vor der Polizeidirektion Heidelberg versammelt. Darunter waren etliche AnhängerInnen der Reichsbürgerbewegung und der AfD. Die Stadträte der AfD berichteten auf Facebook live von der Kundgebung.

Beate Bahner, die sich als „Staatsfeindin Nummer 1“ begreift und die Corona-Epidemie als reine Propaganda „ganz ganz finsterer Mächte aus den USA“ bezeichnet, hatte zuletzt im Stil der Reichsbürgerbewegung eine „Corona-Auferstehungsverordnung“ veröffentlicht, in der sie alle Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie für null und nichtig erklärt. Vor ihren AnhängerInnen bezeichnete sie die gegenwärtigen Maßnahmen erneut als „monströsestes und ungeheuerlichstes Unrechtsregime, das Deutschland und die Welt je erlebt haben“.

Bemerkenswert ist das Verhalten der Polizei. Während linke Kundgebungen – etwa zur Solidarität mit Geflüchteten -, die sich peinlich genau an die Abstands- und Sicherheitsregeln gehalten hatten, in den vergangenen Wochen teils brutal aufgelöst wurden, griff die Polizei bei der Versammlung von AfDlern, ReichsbürgerInnen und Corona-LeugnerInnen nicht ein, obwohl diese sich dichtgedrängt auf dem Gelände der Polizeidirektion (!) versammelten.

Die Polizei erklärte dazu, sie habe „aus Verhältnismäßigkeitsgründen darauf verzichtet, Maßnahmen gegen die TeilnehmerInnen einzuleiten“.
Wir werden uns an diese Begründung erinnern, wenn die Polizei das nächste Mal wieder mit der gewohnten Härte gegen Linke vorgeht.

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Straßenfest fällt aus

Liebe Alle,

angesichts der derzeitigen Situation sehen wir uns leider gezwungen, das 23. Antifaschistische Straßenfest am 30. April 2020 abzusagen. Damit müssen wir zwar in diesem Jahr eine Unterbrechung in dieser schon 22-jährigen Kontinuität einlegen; das bedeutet aber nicht, dass wir eine Pause in unserem entschlossenen Kampf gegen Faschismus aller Couleur, gegen Kapitalismus, Patriarchat, Rassismus und Krieg machen.

Bis auf Weiteres werden wir keine Veranstaltungen mehr durchführen, die dem Prinzip der räumlichen Distanzierung zuwiderlaufen. Da es jedoch weiterhin genügend – teils mörderische – politische Entwicklungen gibt, die unsere aktive Einmischung und unseren kollektiven Widerstand erfordern, sind wir auch weiterhin am Start und nutzen aktuell unsere Handlungs- und Vernetzungsspielräume stärker im virtuellen Raum.

Bleibt am Start – wir sehen uns wieder!

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