Café Alerta zu „Death in Custody“ am 9. Juli 2020

Nachdem das Café Alerta die letzten Male coronabedingt ausfallen musste, planen wir am 9. Juli 2020 einen Neustart, diesmal zum Thema „Death in Custody“. Beginn ist wie immer um 19.30 Uhr im Café Gegendruck (Fischergasse 2, HD-Altstadt).

Im Jahr 2019 gründete sich die Bündniskampagne „Death in Custody“, um die Hunderte von Fälle zu recherchieren und aufzuklären, in denen People of Colour in deutschem Polizeigewahrsam ums Leben kamen, und den institutionellen Rassismus dahinter sichtbar zu machen. Allein für die Zeit zwischen 1990 und 2020 hat die Initiative bislang 160 Fälle in der BRD zusammengetragen. Nach der polizeilichen Ermordung von George Floyd in Minneapolis und den globalen #BlackLivesMatter-Protesten ist die Kampagne aktueller denn je.

Beim Café Alerta wollen wir das Projekt vorstellen und gemeinsam mit euch überlegen, wie das Thema auch in der Region stärker präsent gemacht werden kann. Dabei soll auch die Frage angesprochen werden, wie wir als linke Gruppen, die fast ausschließlich aus Nicht-PoCs bestehen, uns in die #BLM-Kämpfe einbringen und diese unterstützen können.

Wichtig: Wegen der beschränkten Raumgröße und der notwendigen Abstandsregeln müssen wir die Teilnehmer*innenzahl leider auf 20 beschränken.

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Den Inlandsgeheimdienst auflösen!

Weil es seit Jahrzehnten zu unserem antifaschistischen Delegitimierungskonzept gehört, uns nicht an Verlautbarungen des so genannten Verfassungsschutzes (VS) abzuarbeiten, ihn also mit diskursiver Nichtbeachtung zu strafen, nehmen wir beispielsweise die Veröffentlichungen der jeweils neuesten VS-Berichte eigentlich ausschließlich zum Anlass, diesen Inlandsgeheimdienst an seinem eigenen geschriebenen Wort vorzuführen und ihm seine Existenzberechtigung komplett abzusprechen. Denn beispielsweise aus diesen VS-Berichten zu zitieren (und die bürgerliche Presse tut dies im Übermaß), kann immer dazu führen, die inlandsgeheimdienstliche Kompetenz und Glaubwürdigkeit und wissenschaftliche Integrität dieses unkontrollierbaren Apparats zu festigen. Dabei ist der extremismustheoretisch fundamentierte VS all dies nicht: Er ist weder kompetent noch glaubwürdig noch wissenschaftlich integer. Er lügt, er vertuscht, er setzt das Sprühen linker Parolen an Häuser gleich mit neonazistischen Terrornetzwerken, die ihre „Todeslisten“ abzuarbeiten imstande sind. Aber er zwingt selbst uns dazu, uns trotzdem permanent mit ihm auseinanderzusetzen: unter anderem durch die periodische Nennung unserer antifaschistischen Gruppierung AIHD/iL in seinen durchweg mit falschen, politisch frisierten Zahlen arbeitenden Berichten, die ja letzten Endes auch reale Handlungsanweisungen an die Ermittlungsbehörden, an die Ministerien, an die Ordnungsämter, an die Finanzämter und an sonstige staatliche Institutionen darstellen sollen. Und das Performative darin ist das Gefährliche daran: Durch die sprachliche Äußerung – hier die Bezeichnung oder Adjektivierung einer Gruppe wie der AIHD/iL im VS-Bericht Ba-Wü 2019 als „linksextremistisch“ – wird die „beschriebene Handlung [offensiv gegen sie vorzugehen] zugleich vollzogen“: Die AIHD/iL ist dann „linksextremistisch“ (mit einem starken Hang zur Militanz oder gar zum „Terror“), und der „freiheitlich-demokratisch“ gegrundordnete Staat in all seinen Ausformungen und Gliederungen hat danach „vollziehend“ zu handeln, diese Gruppierung also so weit wie möglich von gesellschaftlicher Einflussnahme fernzuhalten. Auch wenn das darin Angezeigte dann schließlich nichts mit dem gewaltsamen Umsturz aller Herrschaftsverhältnisse zu tun hat … Die AIHD/iL wird im neuen baden-württembergischen VS-Bericht gleich zweimal aufgeführt: Einmal mit einer zum Lübcke-Mord verbreiteten Parole: „Schluss mit der Verharmlosung und Vertuschung rechter Terrornetzwerke! Nazistrukturen aufdecken und bekämpfen!“ und einmal im Zusammenhang mit einem Vortrag zum Thema „Militarisierung der Polizei“, den wir zusammen mit der Student*innenorganisation Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (DIE LINKE.SDS) und der Roten Hilfe e.V. Ortsgruppe Heidelberg/Mannheim im Karlstorbahnhof durchgeführt hatten. Mit dem Markern dieses Vortrags, der in Zeiten von „BlackLivesMatter“ sicherlich nochmals mehr Beachtung finden würde, will der VS eine so genannte Kontaktschuld plausibilisieren: Eine eigentlich „bürgerliche“ Student*innenorganisation pflegt intensive Kontakte zu „linksextremistischen“ Antifaschist*innen, die in gemeinsame Praxis („ein Vortrag“) umgesetzt wird. Der VS stellt hier funktionalistisch „die äußerliche Tatsache eines Kontaktes [des SDS] mit vom Inlandsgeheimdienst politisch verdächtigten Personen [aus der AIHD/iL] als solchen heraus“. Das reicht aus, um den SDS hier in Heidelberg als eine „linksextremistisch“ beeinflusste Organisation zu klassifizieren. Wir zitieren den Rechtsanwalt Hans E. Schmitt-Lermann: »Der Verfassungsschutz ist … von Beginn an eine als Behörde getarnte Anti-Antifa-Organisation. Mit erheblichen Schnittmengen mit Rechtsradikalen. Bis heute hat sich da wenig geändert. Zu Professoren hochgehievte Verfassungsschutz- und „Hanns-Seidel-Stiftung“-Autoren geben offenherzig zu erkennen, dass ihr eklatantes wissenschaftliches Defizit durch repressive „Sicherheitspolitik“ ausbalanciert werden soll. (…) Es geht nicht an, dass … die [rechts-]radikalen Positionen des Verfassungsschutzes „Meinungsfreiheit wie jede andere Meinung“ genießen und damit den strengen Maßstäben eines belastenden Verwaltungsaktes entzogen sind – und dann gleichzeitig abgesegnet werden als „Präjudiz“, d.h. letztgültiges und existenzvernichtendes Verdikt im angeblich „unüberprüfbaren Ermessensspielraum“ einer angeblichen Fachbehörde für Verfassungsfeindliches, als welche sie gesetzwidrig das Bundesverfassungsgericht abgelöst hat.«

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Zur Verlegung des Ankunftszentrums in die Wolfsgärten: Grüne stimmen mit

Nach der Entscheidung im Gemeinderat am 18. Juni, die zwangsweise im „Ankunftszentrum“ untergebrachten Refugees nun auch noch ans Autobahnkreuz zu verbannen, veröffentlichten wir folgende Erklärung:

Verlegung Ankunftszentrum in die Wolfsgärten: Grüne stimmen mit CDU und FDP für menschenunwürdige Unterbringung von Geflüchteten in den Wolfsgärten.

Am 18. Juni 2020 hat eine Mehrheit des Heidelberger Gemeinderats durch Stimmen der Grünen, der CDU, der FDP und von „Die Heidelberger“ entschieden, dass das Ankunftszentrum für Geflüchtete vom Patrick-Henry-Village (PHV) in die Wolfsgärten verlegt werden soll. Diese Entscheidung ist das Ergebnis eines politischen Prozesses, der in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden darf.

Vor allem im Licht der folgenden Punkte ist die Entscheidung des Gemeinderates ein Armutszeugnis.

Das PHV soll ein hochmoderner Vorzeigestadtteil werden, mit Designer-Wohnblocks und einer stärkeren Verkehrsanbindung nach Heidelberg. Dass dort auch Wohnungen für Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen gebaut werden, wurde anfangs groß verkündet, später kleinlaut wieder zurückgenommen. Klar ist: Das PHV ist kein gemeinschaftlich gesteuertes Wohnbauprojekt, sondern eine Investition, die Geld einbringen soll.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Vertreter der Internationalen Bauausstellung (IBA), die die Schirmherrschaft über das Projekt innehat, einen Verbleib des Ankunftszentrums für Geflüchtete im PHV ablehnte, da dieses dort ein „sozialer Fremdkörper“ wäre. Diese Aussage ist widerlich, zutiefst menschenverachtend, und macht in Anbetracht der vielen Menschen, die täglich im PHV ihr Bestes geben, um die Lebensbedingungen der Refugees trotz staatlicher Schikane so erträglich wie möglich zu machen, einfach nur wütend.

Nun hat die IBA aber deutlich verlauten lassen, dass es in ihrer Planung des PHV dort kein Ankunftszentrum mehr geben werde. Wir fragen uns: Wieso sollte der Umbau des PHV nicht auch Geflüchteten zugutekommen? Etwa nur, weil sie der Stadt (noch) kein Geld bringen? Es ist erbärmlich, wie offensichtlich soziale Teilhabe mit wirtschaftlichen Interessen abgewogen wird.

Die Verlegung des Ankunftszentrums beschäftigt den Gemeinderat seit Jahren. Dass das PHV keine optimalen Bedingungen bietet, ist eigentlich allen klar: mangelhafte Infrastruktur, marode Häuser und eine schlechte Verkehrsanbindung. Bisher war das aber scheinbar kein Problem, denn nach dem Abzug der US-Truppen waren dort hauptsächlich Geflüchtete und Asylbewerber*innen wohnhaft, deren Interessen und Wünsche natürlich gar nicht erst erfragt werden. Dass dieses Ankunftszentrum einem Umbau des PHV weichen müsste, wurde aus den Gemeinderatsdebatten schon vor Jahren ersichtlich. Letztes Jahr wurde hierbei die Fläche der sogenannten Wolfsgärten eingebracht: ein Areal zwischen Autobahnen und Zuggleisen, fernab von Heidelberg.

Allen voran waren es damals die Grünen, die die Verlegung dorthin als völlig unangebracht ansahen. Im Wahlkampf zur Gemeinderatswahl 2019 war ein Wahlversprechen der Grünen, dass es mit ihnen keine Verlegung des Ankunftszentrums in die Wolfsgärten geben würde und sie diese „als ungeeigneten Standort des Ankunftszentrums verhindern“ wollten.

Nun wurde durch Stimmen der Grünen, der CDU, der FDP und von „Die Heidelberger“ entschieden, dass das Ankunftszentrum in die Wolfsgärten verlegt werden soll.

Nun fragen wir uns und die Grünen: Hat sich das Areal auf wundersame Weise verändert, und ist es plötzlich doch nicht mehr so ungeeignet? Ganz sicher nicht. Die Wolfsgärten bieten nichts von allem, was für eine gute Ankunft oder den Beginn von Integration von Geflüchteten und Asylbewerber*innen nötig wäre: statt Sicherheit und so dringend benötigter Ruhe bieten die Wolfsgärten Verkehrslärm, statt des Kontakts zu Ortsansässigen bieten sie Isolation und Abschottung.

Die Grünen im Heidelberger Gemeinderat setzen sich mit ihrer Wahlentscheidung aktiv gegen gesellschaftliche Teilhabe für Geflüchtete und Asylbewerber*innen, gegen Klimaschutz und gegen eine Wilkommenskultur ein, stattdessen wollen sie einen weiteren Stadtteil von Reichen für Reiche. Als Mitglied beider Bündnisse müssen wir die Grünen fragen, wie sie sich künftig ihre Rolle im „Netzwerk gegen Rechts Heidelberg“ und in der „Seebrücke Heidelberg“ vorstellen, wenn sie offensichtlich bei jeder Gelegenheit Versprechen über Bord werfen und Zusagen nicht einhalten und zudem jeden antirassistischen Minimalkonsens ignorieren.

Die zwangsweise vielmonatige (und teilweise mehrjährige) Unterbringung in den so genannten Ankunftszentren ist ohnehin menschenverachtend und beraubt die dort Internierten jeder Perspektive. Die geplante Verlegung verschärft die Situation noch enorm: Das PHV ist im jetzigen Zustand kein geeigneter Standort für ein Ankunftszentrum, die Wolfsgärten sind jedoch definitv keine Alternative dazu. Die Integration des Ankunftszentrums in den neuen Stadtteil PHV wäre möglich und darf nicht an rassistischen Denkmustern und finanziellen Abwägungen scheitern!

Say it loud, say it clear – Refugees are welcome here!

AIHD/iL, Juni 2020

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Den Nazis am 27. Juni in Karlsruhe entgegentreten!

Am kommenden Samstag, 27. Juni 2020 soll eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „All Lives Matter“ auf dem Karlsruher Stephanplatz stattfinden. Die Antifaschistische Jugend 76 ruft zu Gegenprotesten auf:

(Mit-)organisiert wird diese von Jonathan Stumpf (alias Johannes Scharf), der einigen durch die Abreibung, die er und ein anderer IB-Aktivist aus Halle vor einigen Monaten von griechischen Genoss*innen bekamen (rechtes Bild), bekannt sein dürfte. Stumpf ist nicht nur ehemaliger NPD-Spitzenkandidat für den Mannheimer Gemeinderat und offenbar Aktivist der Identitären Bewegung (IB), sondern auch ist Gründer der „Nova Europe Society“, deren erklärtes Ziel es ist, einen weißen Ethnostaat zu errichten. Mit dieser „Society“ wollte er bereits am 14.03. diesen Jahres im Karlsruher Raum, mit Unterstützung der ehemaligen PEGIDA Mitgründerin Kathrin Oertel, eine rassistische Veranstaltung abhalten, damals allerdings im geschlossenen Rahmen (vgl. den Beitrag bei antifajugend76).
Hier in Heidelberg war er zuletzt prominent bei den Kundgebungen der Verschwörungstheoretiker*innen tätig (vgl. die Presseerklärung der AIHD/iL vom 3.5.20).

Antifaschistische Gegenproteste für Samstag sind bereits angemeldet und finden ab 13 Uhr am Karlsruher Stephanplatz statt. Ein Aufruf und weitere Infos folgen die Tage.

Auf nach Karlsruhe am Samstag – den Nazis entgegentreten!

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Rede für die Black-Lives-Matter Kundgebung am 13. Juni 2020

Auf der sehr starken BlackLivesMatter-Kundgebung am 13. Juni 2020 hatten sich viele POC spontan für Redebeiträge gemeldet, und natürlich hat das Vorrang. Da die Kundgebung dadurch jedoch zeitlich sehr in Bedrängnis kam, ist in gegenseitiger Absprache unsere Rede ausgefallen. Es ist gut, dass es so gelaufen ist. Anstelle dessen veröffentlichen wir die Rede eben hier:

Ich begrüße Euch im Namen der Antifaschistischen Initiative Heidelberg, die auch in der Interventionistischen Linken organisiert ist.
Als Weißer hier für eine weiße Gruppe sprechen zu dürfen bedeutet ein krasses Vertrauen, für dass ich mich gleich zu Anfang bedanken will. Und wir, die AIHD, als Gruppe sollten diesen Anlass nutzen uns erneut kritisch zu fragen, warum aktuell eigentlich keine POCs bei uns organisiert sind.
Ich kann mich mit Rassismus auseinandersetzen, ich kann auf rassistische Strukturen hinweisen und ich kann sie auch anprangern. Aber ich habe das Privileg, dass ich niemals Rassismus erfahren werde. Ich werde nie wissen, was all das worüber ich lesen kann im tatsächlichen Leben bedeutet. Vor diesem Hintergrund ist alles was ich im folgenden sage zu bewerten.
Wir alle, die wir hier stehen kommen aus einer rassistischen Gesellschaft. Entsprechend ist unser aller Denken rassistisch strukturiert. Dem können wir uns gar nicht entziehen. Was wir allerdings machen können ist es uns bewusst zu machen, nur dann können wir den Rassismus in unserem eigenen Handeln und Denken erkennen und ändern.
Der Innenminister der Grün-Schwarzen-Landesregierung von BaWü hatte letzte Woche im Deutschlandfunk gesagt (wörtlich): „Strukturellen Rassismus gibt es bei unserer Polizei nicht. Das [racial profiling] ist keine Arbeitsmethode der Polizei.“ Je nach Delikten würden eben mal mehr Männer, mal mehr Frauen usw. kontrolliert werden. Die weiteren Begründungen waren so ungeheuerlich, dass ich sie hier nicht wiederholen will. Die Polizei sei jedenfalls nicht rassistisch, weil es Teil der Ausbildung sei nicht rassistisch zu sein. Das sagte er als Chef derjenigen Landespolizei, bei der Teile der Einheiten dem Kukluxklan zugehören. Einer Landespolizei deren Rolle bei dem Terrornetzwerk NSU ungeklärt ist und vermutlich auch bleibt, weil die Aufklärung verhindert wurde. Das sagt er vor dem Hintergrund der NSU Morde, von denen jeder einzelne ausschließlich mit rassistischen Methoden von der Polizei verfolgt wurde. Das sagt er als Vorsitzender von Sicherheitsbehörden, durch die sich quer durch ein Schattennetzwerk bewaffneter und an der Waffe ausgebildeten Faschist_innen gebildet hat: Das Hannibal Netzwerk und der Uniter e.V. Aber das sind nur die krassen Fälle eines rassistischen Alltags, der sich jeden Tag an jedem Ort abspielt. Es ist unfassbar, dass es auf diese Äußerungen keinen Aufschrei innerhalb der grün-schwarzen Landesregierung gab. Weil dadurch sämtliche Erkenntnisse über unsere Verhältnisse, die in den letzten Jahren mühsam bewusst gemacht wurden, mit einem Schlag geleugnet werden. Und das in einer Situation, wo die Betroffenen sich gerade global Gehör verschaffen. Wer in dieser Situation jegliche Kritik an den Verhältnissen versucht derart plump beiseite zu wischen, hat sich damit eindeutig rassistisch positioniert! Um es klar zu sagen: Die Landespolizei von Baden-Württemberg ist strukturell rassistisch. Baden-Württembergs Innenminister Strobl äußert sich rassistisch..
Aber was bedeutet es von einer rassistischen Gesellschaft zu sprechen, der sich niemand entziehen kann und die geprägt ist von institutionellen Rassismus? Die Antwort auf diese Frage liegt in der Phänomenologie des Rassismus. Eine Gesellschaft ist nicht rassistisch, weil in ihr krasse Rassist_innen leben. Sondern es gibt rassistische Menschen, weil die Gesellschaft rassistisch ist. Es ist keine individuelle Eigenschaft die mal da ist und mal nicht. Sondern Rassismus ist ein menschenverachtendes Fundament der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft.
Oft wird die Landung von Columbus in Amerika als Ursprung des Rassismus angeführt. Es gibt auch kluge Stimmen, die diese Sichtweise kritisieren, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen. Das ausgerechnet dieses Datum eine so zentrale Rolle einnimmt, hat den Grund, dass mit der weißen Eroberung Amerikas erstmalig systematisch Menschen massenhaft versklavt und verschifft wurden. Und diese Menschen wurden von den kolonialisierten Gebieten des afrikanischen Kontinents entführt. Sklaven gab es auch schon in früheren Gesellschaften, aber dort konnte es alle treffen. Nun wurden aber gezielt aus nur bestimmten Gebieten Menschen geraubt. Was dann folgte ist die Geschichte, wie die westliche Welt mit unfassbarer Brutalität und mit systematischem Terror Menschen gezwungen hat, den bis heute andauernden Wohlstand aufzubauen, ohne dass diejenigen die ihn errichtet haben bisher was davon abbekommen haben.
Dies ging einher mit einer Verschiebung der Machtverhältnisse weg von Adel und Kirche, von der Monarchie, hin zu der Herrschaft des Bürgertums, dem Kapitalismus. Und so ist es nicht verwunderlich, sondern selbstverständlich, dass die Ideologen der neuen Mächtigen, die sogenannten Aufklärer, allesamt ihre Theorien von Grund- und Freiheitsrechten wörtlich nur für weiße Europäer formuliert haben. Der viel gelobte Immanuel Kant hat immer betont, dass seine Theorien nur für weiße Menschen gelten. Die hegemonialen Kräfte der neuen Gesellschaft sind immer von diesem Dogma ausgegangen und tun dies bis heute.
Und damit kommen wir zum Eigentlichen des Rassismus. Rassismus äußert sich zwar in Diskriminierung und Gewalt. Aber dahinter steht ein Herrschaftsanspruch. Deswegen kann es in der aktuellen Welt auch keinen Rassismus gegen Weiße geben. Wenn weiße Menschen wegen ihrer Hautfarbe Gewalt erfahren, dann ist das ein Ergebnis desjenigen Herrschaftsmittels, dass ihre eigenen Privilegien sichert. Dann ist das das Ergebnis eines Rassismus der sich gegen PoCs richtet. Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße!
Nein, es ist nicht der einzige Herrschaftslinie, die unsere Gesellschaft strukturiert. Schwarze Frauen um Claudia Jones in den USA waren es, die den Begriff der „triple oppression“ nämlich class, race, gender prägten. Die Intersektionalitätsforschung geht sogar von einigen mehr Faktoren aus.
Und die Mechanismen sind die sehr ähnlich: Eine Gleichheit vor dem Gesetz ist das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben steht, wenn die Mehrheit der Gesellschaft zu Besitzlosen gemacht wird, denen die Zugänge zum gesellschaftlichen Wohlstand verwehrt bleiben. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist wertlos, wenn eine Bevölkerungsgruppe systematisch marginalisiert und damit einhergehend kriminalisiert wird.
Man muss sich nur anschauen, wer in unserer Gesellschaft die Jobs mit der miesesten Bezahlung und den beschissensten Arbeitsbedingungen erledigt, um zu erkennen, dass Ausbeutung längst nicht mehr nur eine Frage der Klasse ist.
Jeder Antikapitalismus muss daher antirassistisch und feministisch sein.

Unsere volle Solidarität gilt der Black lives matter Bewegung! One Struggle one fight! No Justice no peace! Hoch die Internationale Solidarität!

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Fight Racism: Kundgebungen am 13. und 16. Juni 2020 in Heidelberg

Am Samstag, 13. Juni 2020 wird auch in Heidelberg eine BlackLivesMatter-Kundgebung stattfinden, die um 14.00 Uhr auf der Neckarwiese beginnt.
Gleich am Dienstag, 16. Juni schließt sich eine zweite antirassistische Protestaktion unter dem Motto „Heidelberg zeigt Kante: Lager auflösen – Wolfsgärten verhindern – Rassismus bekämpfen!“ an. Beginn ist um 18.00 Uhr auf dem Uniplatz Heidelberg.
Wir unterstützen den Aufruf zu dieser Kundgebung:

Heidelberg zeigt Kante: Lager auflösen – Wolfsgärten verhindern – Rassismus bekämpfen!!!

Von Moria nach Calais – vom Mittelmeer bis nach Heidelberg – wir stellen grenzenlose Solidarität gegen menschenverachtenden Rassismus. Wir fordern die Auflösung aller überfüllten europäischen Auffanglager, in denen tausende Menschen unter unwürdigen Bedingungen ausharren müssen. Wir sehen die seit Monaten und Jahren untragbaren Zustände als handfeste Konsequenz der im Kern rassistischen Migrationspolitik der EU-Staaten an. Die geflüchteten Menschen auf Lesbos und anderswo müssen evakuiert und sicher und menschenwürdig untergebracht werden – zur Not auch im Rahmen eines humanitären Alleinganges einzelner Staaten oder Bundesländer. Möchte dieses Europa je wieder von Menschenrechten sprechen, muss es jetzt aktiv werden, statt auf die Unwilligkeit der jeweils anderen europäischen Partner zu verweisen oder fadenscheinige Symbolhandlungen vorzuschieben! Wir wollen ebenfalls unmittelbar hier bei uns vor Ort ein Zeichen setzen gegen jedweden unterschwelligen institutionalisierten Rassismus, indem wir gegen die Verlegung des Heidelberger Ankunftszentrums in die Wolfsgärten streiten. Ein klares Nein zu voranschreitender Ghettoisierung geflüchteter Menschen! Zwei Tage vor der Gemeinderatssitzung zu den Wolfsgärten wollen wir klare Kante zeigen für ein offenes, ein solidarisches, ein menschliches Heidelberg!

Dienstag, 16.06.2020, 18 Uhr am Universitätsplatz Heidelberg

Seid mit uns gemeinsam am Start – seid laut – seid grenzenlos solidarisch!!!

Bitte respektiert die coronabedingten Auflagen – haltet einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern ein und tragt auf der Kundgebung stets eine Mund- und Nasenbedeckung.

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Bilanz von BlockTddZ: Ein starkes Zeichen des Antifaschismus in Worms

Der 6. Juni 2020 war ein Tag starker antifaschistischer und antirassistischer Aktionen in der Region. Während sich in Mannheim Tausende zur Black Lives Matter-Kundgebung versammelten, wurde der „Tag der deutschen Zukunft“ in Worms ein Desaster für ein kleines Häuflein Nazis, das sich massiven antifaschistischen Protesten gegenübersah.
Im Folgenden die Pressemitteilung des Bündnisses BlockTddZ:

Block TddZ Worms: “Heute ging von Worms ein starkes Zeichen des Antifaschismus aus!”

Nach Schätzung des Bündnisses “Block TddZ Worms” protestierten am heutigen 6. Juni rund 1000 Aktivist*innen und engagierte Bürger*innen gegen den rechtsradikalen “Tag der deutschen Zukunft”. Davon seien ca. 700 Antifaschist*innen dem Aufruf von “Block TddZ Worms” gefolgt und hätten sich auf unterschiedliche Weise dem geplanten Naziaufmarsch in den Weg gestellt.

“Dank des vielfältigen und breit aufgestellten antifaschistischen Protests, gelang es, den Naziaufmarsch nach nur 260 Metern in der Renzstraße zu stoppen. Die ca. 50 angereisten Faschist*innen mussten umkehren und zu ihrem Kundgebungsort zurückkehren.”, so Luise Neubert, Pressesprecherin des Blockadebündnisses. Worms habe heute ein starkes Zeichen der Solidarität gegen Rassismus und Diskriminierung jeglicher Form gesetzt. Das Ziel, die Geschichte des TddZ mit einem Scheitern in Worms enden zu lassen, sei damit offenkundig erfüllt worden.

“Wir sind sehr froh, dass es den Nazis nicht gelang, sich in Worms breit zu machen und ihre menschenverachtenden Inhalte auf die Straße zu tragen. Zusammen mit vielen Aktivist*innen aus der Region haben wir gezeigt, dass Nazis in Worms nicht widerstandslos die Staße überlassen wird”, so Co-Sprecher Jonathan Zell. Das Bündnis begrüßt ausdrücklich die Vielfalt der Proteste und auch die zahlreichen Aktivitäten ohne physische Präsenz, wie die Beschallung des Kundgebungsplatzes mit Glockengeläut; einzelne vorsorgliche Distanzierungen anderer Protestgruppen im Vorfeld seien dagegen völlig unbegründet geblieben.

Leider sei es mehrfach zu Übergriffen der massiv auftretenden Polizei auf Gegenproteste gekommen. Die Polizei ging an verschiedenen Orten unverhältnismäßig mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstrant*innen vor. “Unter Berufung auf die Infektionsschutzverordnung spontane Demonstrationen zusammen zu drängen und stundenlang zu kesseln, ist unsinnig und zynisch. Die Gegenproteste haben sich an Bedeckungspflicht und Abstandsgebot gehalten, wann immer es die Situation zugelassen hat.”, so Neubert. Die durch die Polizei eskalierten Situationen hätten dies jedoch an einigen Stellen unmöglich gemacht.

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BlockTddZ am 6.6. in Worms: Zugtreffpunkt aus HD

BLOCK TDDZ!

Es wird am 6. Juni 2020 eine gemeinsame Zuganreise aus Heidelberg über Mannheim nach Worms geben, um den Nazi-Umtrieben entschieden entgegenzutreten. Treffpunkt am 6. Juni ist pünktlich um 10.00 Uhr am Nordeingang des Hauptbahnhofs Heidelberg.

Mit demselben Zug gibt es auch eine gemeinsame Anfahrt vom Bahnhof Wiesloch/Walldorf, den die Antifa Jugend Walldorf organisiert. Treffpunkt ist um 09.40 Uhr an der Bushaltestelle auf der Walldorfer Seite des Bahnhofs Wiesloch/Walldorf (Blog der Antifa Jugend Walldorf).

Von Mannheim aus geht es etwas später los: dort trifft sich das OAT Mannheim um 11 Uhr am Hauptbahnhof.

Egal wie ihr fahrt, Hauptsache ihr seid am Start! Lest euch vorher nochmals die Infos rund um die geplanten Antifa-Protesten durch: https://blocktddzworms.de/faq/

Den Nazi-Aufmarsch stoppen!

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NPD scheitert mit „Corona-Protest“ in Sinsheim

Rund 20 Corona-Leugner*innen hielten am 22. Mai 2020 in Sinsheim eine Kundgebung ab. Aufgerufen hatte die Gruppe „Deutschland gegen den Corona-Wahnsinn“, mit der die NPD auf die Corona-Proteste von Aluhüten, Verschwörungsfreaks, Impfgegner*innen und „Reichsbürgern“ aufzuspringen versucht. Dass dies eher mit mäßigem Erfolg gekrönt wird, zeigte sich in Sinsheim.

Angemeldet hatte die Kundgebung der NPD-Stadtrat Marco Kister. Der Kreisvorsitzende der NPD Jan Jaeschke hielt eine Rede. Anwesend war auch Reinhard Schätz, langjähriger NS-Aktivist aus Rauenberg-Malschenberg. Dieser hatte sich letzte Woche noch in Stuttgart auf der Demo der Corona-Leugner*innen in Stuttgart gezeigt. Am Rande der Kundgebung, die durch Polizeigitter eingezäunt war, sollen sich nach Berichten von Augenzeug*innen auch die Brüder Manuel und Johannes Bachmann getummelt haben. Die beiden Faschisten stehen zurzeit wegen eines rassistischen Angriffs auf Gäste eines Wieslocher Eiscafés im September 2018 als Beschuldigte vor Gericht.

Der Nazi-Kundgebung schlossen sich nur sehr wenige „besorgte“ Bürger*innen an. Um das Gitter hatten sich noch rund 30 Schaulustige und Beobachter*innen eingefunden.

Von der einst proklamierten „Hochburg der NPD“ ist Sinsheim mittlerweile weit entfernt. Zwar hat die Partei einen Mann im Gemeinderat, doch ist die rechte Szene im Kraichgau nach Jahren des blinden Aktionismus offensichtlich in Lethargie verfallen. Die NPD entfaltet keine nennenswerte Außenwirkung mehr und beschränkt sich auf interne Veranstaltungen und Feiern.

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Rede bei der Seebrücke-Kundgebung am 23. Mai 2020

Bei der Kundgebung der Seebrücke am 23. Mai 2020 auf dem Heidelberger Uniplatz hielten wir als Antifaschistische Initiative den folgenden Redebeitrag:

Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
wir als Antifaschistische Initiative freuen uns, am heutigen Tag hier eine Rede halten zu dürfen, denn der Kampf der Seebrücke gegen das systematische Sterbenlassen im Mittelmeer, der Kampf für sichere Migrationswege und offene Häfen ist uns ein Herzensanliegen.
Entschlossen protestieren wir gegen die militärische Abwehr von Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Ausbeutung geflüchtet sind, also vor genau den Folgen, die die europäische Politik in ihren Herkunftsländern bewirkt hat.
Bei der Abwehr der Geflüchteten ist der EU kein Mittel zu menschenverachtend: mit Militäreinsätzen geht die europäische Frontex gegen die Geflüchteten vor und erhält dabei gut bezahlte Schützenhilfe vom offen diktatorischen Erdoğan-Regime in der Türkei und von kriminellen Warlord-Banden beispielsweise in Libyen.
Wir unterstützen die Ziele der Seebrücke und stehen an eurer Seite, wenn es darum geht, zumindest die minimalen Möglichkeiten der privaten Seenotrettung zu erhalten und der staatlichen Kriminalisierung der Seenotretter*innen entgegenzutreten. Gemeinsam müssen wir dafür streiten, dass gerettete Geflüchtete nicht über Wochen hinweg in Schiffen auf dem Mittelmeer umherirren, sondern sicher in Europa an Land gehen können.
Ebenso dürfen wir die Situation in den europäischen Zwangsunterkünften nicht aus den Augen verlieren. In den Schlagzeilen waren zuletzt vor allem die griechischen Lager auf den Inseln, allen voran Moria auf Lesbos. Indem sich die rechte griechische Regierung weigert, die internierten Menschen aufs Festland zu verlegen und in verschiedene Einrichtungen zu verteilen, verschärft sich die Situation immer weiter.
Die anderen europäischen Regierungen beschränken sich auf peinliche pseudo-humanitäre Symbole, indem sie nach langen Debatten einzelne Kinder aufnehmen. Diese gezielte Nichtunterstützung lässt die Situation nun in Zeiten von Corona sehenden Auges in die Katastrophe rutschen. In den extrem überfüllten Internierungslagern, in denen die minimalen Sanitäreinrichtungen nur für einen Bruchteil der dort Festgehaltenen ausreichen, sind weder die notwendigen Hygienestandards noch Abstandsregeln möglich, und die medizinische Versorgung ist nicht der Rede wert.
Der Ausbruch von Corona unter diesen Bedingungen wird zu einem Massensterben führen – und alle europäischen Regierungen nehmen das bewusst in Kauf. In den Massenunterkünften auf dem Festland wurden schon zahlreiche Infektionen festgestellt, und die Lager auf den Inseln sind tickende Zeitbomben.
Doch es geht nicht darum, nur mit dem Zeigefinger auf Griechenland zu zeigen, das dank der systematischen wirtschaftlichen Zerlegung durch die Troika in den Ruin getrieben wurde. Desolat ist auch die Situation in den Massenunterkünften hier, in einem der reichsten Länder der Welt: statt dezentraler Verteilung der Geflüchteten setzen Bund und Länder gezielt auf eine ausgrenzende Zwangsunterbringung in Großeinrichtungen.
Das immer wieder gerne postulierte Grundrecht, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, wird ohnehin immer wieder gerne außer Kraft gesetzt oder zumindest eingeschränkt. Für Geflüchtete hat es offensichtlich keine Geltung in einem Land, in dem staatlicher Rassismus die Regierungspolitik prägt.
Der Hintergedanke der zentralisierten Unterbringung in Massenunterkünften ist zum einen die Abschreckung – das klare Signal, dass Geflüchtete hier nicht erwünscht sind. Zum anderen soll durch die weit abseits liegenden Einrichtungen der Kontakt zur Gesamtbevölkerung erschwert werden, denn ohne Integration läuft die Abschiebemaschinerie reibungslos. Das frühere Grundrecht auf Asyl wurde bekanntlich in den frühen 1990ern abgeschafft; inzwischen ist es nur noch menschenverachtende Farce.
In Zeiten der Corona-Epidemie wird eine hohe Gefährdung der Refugees wissentlich geduldet und sogar forciert, auch unter der hiesigen grün-schwarzen Landesregierung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass wirtschaftliche Erwägungen gegenüber dem Gedanken einer menschenwürdigen Behandlung dominieren: Laut dem Rechnungshof von Baden-Württemberg sind Massenlager unter 1.000 Personen wirtschaftlich „nicht rentabel“. Deshalb werden immer riesigere Lager angelegt, die möglichst an private Betreiberfirmen outgesourct werden, um weitere Kosten zu sparen.
Dass Grund- und Menschenrechte nicht für Geflüchtete gelten, zeigt sich im Alltag in diesen Unterkünften ebenso wie bei den Protesten dagegen: wenn die entrechteten Geflüchteten und antirassistische Unterstützer*innen gegen die Zustände aufbegehren, werden sie massiven Repressalien ausgesetzt.
Die ohnehin katastrophale Lebenssituation wird jetzt verschärft durch die Corona-Epidemie: in immer mehr Unterkünften in BRD kommt es notgedrungen zu Masseninfektionen. In den Mehrbettzimmern, prekären Sanitäreinrichtungen und der beklemmenden Enge sind Abstandsregeln völlig illusorisch.
Eine Einzelinfektion bedeutet automatisch eine massenhafte Ausbreitung. Tausende Geflüchtete wurden nachweislich infiziert, doch die Dunkelziffer ist wie in allen Bereichen enorm. Von wissenschaftlicher Seite wird zunehmend Kritik an der Massenunterbringung laut, die sich als neue Hotspots der Epidemie herausbilden; eine Studie der Universität Bielefeld betonte diese Tatsache vor wenigen Tagen nochmals und warnte vor den Gefahren.
Statt sofortiger Evakuierung und dezentraler Unterbringung reagiert der Staat mit verschärften Restriktionen und Schikanen, indem die Unterkünfte einer kompletten Ausgangssperre unterliegen und der Alltag der Internierten noch weiter eingeschränkt wird.
Die Lager in St. Augustin und in Frankfurt-Bockenheim gingen mit ihren hohen Infektionszahlen zuletzt durch die Schlagzeilen, aber auch hier in Baden-Württemberg ist seit Monaten eine Einrichtung im dauerhaften Ausnahmezustand: Mit der Landeserstaufnahmeeinrichtung LEA in Ellwangen unterhält die grün-schwarze Landesregierung eine Unterkunft mit besonders menschenverachtenden Bedingungen.
Anfang März wurden trotz der wachsenden Coronagefahr weitere Menschen in das Lager verlegt, worauf die Zahl der hier auf engstem Raum untergebrachten Menschen auf rund 600 stieg, darunter 150 Kinder. Wenig später traten die ersten Infektionen auf, die sich schnell ausbreiteten.
Als Reaktion wurde das Lager abgeriegelt, und es wurde eine wochenlange komplette Ausgangssperre verhängt. Innerhalb des ohnehin völlig beengten Areals wurde ein Quarantänebereich eingerichtet, doch als sich die Epidemie weiter ausbreitete, wurde der Quarantänetrakt einfach aufgelöst.
Anstatt das Lager umgehend zu evakuieren und durch eine dezentrale Unterbringung das Ansteckungsrisiko zu senken, blieb alles beim Alten:
zwar wurden die Bewohner*innen in ihrem Lebensalltag noch weiter entrechtet, doch mussten sie sich weiterhin die Gemeinschaftssanitäreinrichtungen und die zentrale Essensausgabe mit allen teilen.
Indem sich die grün-schwarze Landesregierung also für eine Masseninfektion statt für minimale Schutzstandards entschied, ist sie direkt dafür verantwortlich zu machen, dass bis Ende April über 400 Geflüchtete in der LEA infiziert wurden. Statt wirklicher Hilfestellungen für die Geflüchteten, die dem Virus schutzlos ausgeliefert wurden, ordnete Grün-Schwarz einen Bundeswehreinsatz im Lager an, was die teilweise schwer traumatisierten Menschen, die vor Krieg und Verfolgungen geflüchtet sind, retraumatisiert hat.
Auch hier im Patrick-Henry-Village, wo das Land unter dem wohlklingenden Namen „Ankunftszentrum“ Refugees festhält, wurden Corona-Infektionen festgestellt, woraufhin eine wochenlange Ausgangssperre verhängt und die Bundeswehr eingesetzt wurde.
Gerade die Situation der im PHV Untergebrachten wird sich möglicherweise noch weiter verschlechtern, wenn das Lager in das noch abgelegenere Wolfsgärten-Areal verlegt wird, wie es die Pläne der Stadt und nunmehr auch der Grünen-Fraktion vorsehen. Damit werden die Geflüchteten in noch stärkerem Ausmaß ausgegrenzt und aus der Stadtgesellschaft ausgeschlossen.
Gezielt werden die Refugees aus dem neuen Stadtteil wegverlegt, der im PHV entstehen soll und der den Kontakt zwischen den Geflüchteten und den Anwohner*innen ermöglicht hätte. Doch die Anwesenheit dieser Menschen gilt als nicht standortförderlich, als nicht hilfreich für das Marketingkonzept, und die Stadt Heidelberg sendet ein unübersehbares Signal an die Menschen im PHV: ihr seid hier nicht erwünscht und müsst nur ein paar Wochen bis zu eurer Abschiebung „zwischengelagert“ werden.
Und tatsächlich gehen die Abschiebungen auch in Zeiten der Corona-Epidemie weiter: allein nächste Woche hat die grün-schwarze Landesregierung zwei Massenabschiebeflüge angesetzt, die von Baden-Airpark starten: am Mittwoch, 27. Mai geht ein Flug nach Georgien, am Donnerstag, 28. Mai werden Menschen nach Serbien und Nordmazedonien abgeschoben.
Unter den davon Betroffenen sind mit großer Wahrscheinlichkeit wieder viele Roma, die besonders im Visier stehen: dank der Stimme der damaligen grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg wurden 2014 zahlreiche Staaten, die für ihren offenen und oftmals mörderischen Antiziganismus bekannt sind, zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Seither sind gerade Roma von den Massenabschiebungen betroffen, und Baden-Airpark ist zur Drehscheibe dieser Politik geworden.
Wir haben den institutionellen staatlichen Rassismus und Antiziganismus satt.
Wir fordern Menschenrechte für alle, sichere Migrationswege und eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung aller Menschen, unabhängig von ihrem Herkunftsland.
Lasst uns gemeinsam für eine Welt kämpfen, in der Grundrechte das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind, in der Menschenrechte eine Selbstverständlichkeit und keine wohlklingenden Worthülsen ohne Bedeutung sind.
Lasst uns für eine Welt kämpfen, in der Flucht nicht mehr nötig ist: für eine Welt ohne Ausbeutung, Kapitalismus und Krieg, für eine Welt, in der gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Vergangenheit angehört.
No border, no nation – stop deportation!

Veröffentlicht unter General | Verschlagwortet mit , , , , | Kommentare deaktiviert für Rede bei der Seebrücke-Kundgebung am 23. Mai 2020