Zum 22. Mal findet am Vorabend des 1. Mai unter dem Motto „Zusammen kämpfen – zusammen feiern!“ das Antifa-Straßenfest in Heidelberg statt. Zudem wollen wir an diesem Abend auch das 20-jährige Bestehen der AIHD feiern.
Wie immer gibt es zahlreiche Infostände, Redebeiträge, das beliebte Polit-Quiz, Spaß auf der Gass‘ und Fang den Hut.
Live-Musik kommt in diesem Jahr von KENNY KENNY OH OH (Riot Grrrl-Punk aus Leipzig) und DEUTSCHE LAICHEN (Feminist Pöbel-Punk aus Göttingen).
Zusammen kämpfen – zusammen feiern!
Das 22. Antifaschistische Straßenfest in Heidelberg
Das diesjährige Antifa-Straßenfest am 30.04.2019 ist zugleich eine große Geburtstagsfete: Die im April 1999 gegründete AIHD wird 20 Jahre alt. Das ist ein bemerkenswertes Jubiläum im kurzlebigen Milieu der Bewegungslinken, der wir uns trotz aller Kritik zugehörig fühlen.
In unserem nach der Gründung veröffentlichten Selbstverständnis hieß es:
„Da wir unsere eigenen Interessen nicht an andere delegieren wollen und davon überzeugt sind, dass sich auf parlamentarischem Wege an den herrschenden Unterdrückungsverhältnissen nichts Grundlegendes ändern lässt, arbeiten wir parteiunabhängig und basisdemokratisch in der außerparlamentarischen Opposition. Antifaschistisch zu kämpfen, heißt für uns, in den verschiedensten Bereichen mit den unterschiedlichsten Mitteln zu arbeiten.“
Daran hat sich bis heute nichts verändert. Um es mit den Worten unserer vor hundert Jahren unter sozialdemokratischer Regie von den ersten Faschisten in den Freikorps ermordeten Genossin Rosa Luxemburg zu sagen: „Organisation, Aufklärung und Kampf sind nicht getrennte, mechanisch und auch zeitlich gesonderte Momente (…), sondern sie sind nur verschiedene Seiten desselben Prozesses.“ (Rosa Luxemburg, 1904)
Die AIHD hat sich in ihrer Analyse und in ihrer Praxis nie ausschließlich auf das politische Geschehen in Heidelberg beschränken lassen. Die politischen Verhältnisse, gegen die wir kämpfen, sind nicht auf lokaler Ebene entstanden, und sie können auch nicht nur auf lokaler Ebene bekämpft werden. Während Stiefelnazis sich in Heidelberg nicht auf die Straße trauen können, haben sie in einigen Teilen des Odenwalds, des Kraichgaus und der Pfalz zeitweise schon die Lufthoheit über den Stammtischen und eine selbstverständliche Präsenz im Straßenbild erreicht.
Dass Heidelberg nie in Gefahr war, eine Hochburg oder auch nur eine Basis für extreme Rechte und Neonazis zu werden, hat mehrere Gründe. Einer ist ganz bestimmt der entschlossene und immer wieder auch militante antifaschistische Widerstand, der seit Jahrzehnten und mit einer bemerkenswerten Kontinuität organisiert wird. Es ist gut und richtig so, dass Heidelberg für offen auftretende Faschistinnen und Faschisten als No-Go-Area bekannt ist.
Allerdings äußern sich rechte Tendenzen und Bewegungen im liberalen akademischen Milieu der Universitätsstadt auch in anderer Form und auf anderer Ebene. Ein besonderes Augenmerk der AIHD galt daher den intellektuellen und akademischen Kaderschmieden der Alten und Neuen Rechten an der Universität.
„Akademisch“ und „intellektuell“ sollen hier keineswegs als positive Begriffe benutzt werden. Letztlich sind sie nur ein anderes Setting, in dem sich auch Menschenverachtung, Rassismus, Dummheit und Hass ausagieren können. Schon die „SA-Stürme“ der Weimarer Republik waren studentische und akademische Gruppen – das änderte nichts an ihrem Charakter als brutale faschistische Schlägerbanden. Im Milieu der Studentenverbindungen (mittlerweile tatsächlich auch vereinzelt Studentinnenverbindungen) konnte das reaktionäre, autoritäre und völkische Gedankengut der Rechten überwintern und von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Diese Männerbünde funktionierten und funktionieren als „Gesinnungsgemeinschaften“, die keine feste Anbindung an eine Partei oder Gruppierung nötig hatten und haben. Prinzipiell konnten und können sie an jede Partei andocken, solange sie dabei die Führungspositionen des jeweiligen Vereins besetzten und für die Verbreitung grundlegender „nationaler Werte“ sorgten. Rezzo Schlauch und Winfried Kretschmann von den Grünen sind durch diese weltanschaulichen Bruderschaften ebenso geprägt worden wie der AfD-Mitbegründer und Bundestagsabgeordnete Albrecht Glaser.
Rechte Parteien wie die AfD stehen dann in Zeiten gesellschaftlicher Krisen und Umbrüche wieder als zentrales Sammelbecken der nationalen Bewegung bereit. Seit ihrer Gründung arbeitet die AfD unter dem Deckmantel einer neoliberalen Stammtischpartei an der gesellschaftlichen Rehabilitierung gesellschaftlicher Konzepte, die seit dem militärischen Sieg über die Nazis als verpönt galten: Offener Sozialdarwinismus, völkisches Denken, Rassismus und ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert.
Seit Verfassungsschutzchef Maaßen sich allzu offen zu seiner Unterstützung der neuen rechten Volksbewegung bekannt hat und daher seinen Platz räumen musste, wird wieder einmal der absurde Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht, der Inlandsgeheimdienst mit dem irreführenden Namen „Verfassungsschutz“ solle sich um die Bekämpfung der faschistischen AfD kümmern. Die jahrzehntelange Verstrickung dieses Dienstes mit der Naziszene, seine finanzielle und logistische Förderung der NSU-Mordserie, die Vernichtung alles verfügbaren Belastungsmaterials, die ungezählten V-Mann-Affären: All das ist plötzlich vergessen, der „Verfassungsschutz“ wird von CDU, FDP, SPD und Grünen als „demokratische Instanz“ gepriesen, seine Mittel werden aufgestockt und seine Befugnisse erweitert – unter dem grotesken Vorwand, mensch brauche diesen rechten Geheimdienst ausgerechnet zur Bekämpfung seiner eigenen Kameraden von der AfD.
Die hektische Betriebsamkeit, die angesichts einer eventuellen Möglichkeit einer Überwachung durch den VS bei der AfD ausbrach, hat vor allem eines gezeigt: Es gibt keinen „gemäßigten“ AfD-Flügel mehr (wenn es ihn überhaupt je gegeben hat). Zurückrudern, Austritte oder das offensive Beharren auf Nazi-Positionen – all das sind nur noch taktische Fragen in der Partei.
Dass die völkische „Identitäre Bewegung“ trotz aller gelegentlicher Distanzierungen ein nicht wegzudenkender Faktor in der AfD ist, zeigt sich vor allem bei ihrem Jugendverband, der Jungen Alternative (JA). Die Identitäre Bewegung (IB) selbst hat in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen und nimmt in dem anhaltenden Rechtsdrift der deutschen Gesellschaft eine Art Vorreiterrolle ein, indem sie offenen Rassismus und völkisches Denken auch abseits der Parteienpolitik in bürgerliche und „Eliten“-Diskurse einzubringen versucht. Dabei geht es ihnen nach eigenem Bekunden um die Durchsetzung einer „Kulturrevolution von Rechts“, um eine rechte Machtübernahme in der Politik vorzubereiten. Hinter der Fassade einer jungen, hippen, mit der alten Rechten brechenden Bewegung verbirgt sich eine an faschistoide Ideologien anschließende Gruppierung mit besten Vernetzungen zur AfD auf der einen Seite und zu offenen rechtsradikalen Szenen im In- und Ausland auf der anderen Seite. Durch ihre Versuche der Einflussnahme auf akademische Diskurse und durch ihre Verbandelung mit rechten Burschenschaften hat der Kampf gegen die Umtriebe der IB in Universitätsstädten wie Heidelberg eine besondere Wichtigkeit. In der Vergangenheit gab es durch die IB in Heidelberg mehrere, bisher recht klägliche öffentliche Aktionen und kleinere Angriffe auf linke Zentren, und die Burschenschaft Normannia am Schlossberg hat enge Verbindungen und Personalüberschneidungen mit ihr. In Zukunft wird es nötig sein, gegen die reaktionären und rassistischen Umtriebe der IB in Heidelberg mit verstärkter Konsequenz vorzugehen.
Dem rechten Durchmarsch entschlossen und konsequent entgegentreten!
Gegen die Herausbildung völkisch-nationalistischer Kulturhegemonien radikal vorgehen!