Naziaufmarsch scheitert kläglich an massiven Gegenprotesten

Antinazi Heidelberg

Ganze 21 Nazis sind am heutigen Samstag kläglich bei dem Versuch gescheitert, ihre rassistische Propaganda zu verbreiten. Ihnen standen bereits vor ihrer Ankunft fast 3000 Menschen gegenüber, die mit Rufen, Pfeifen, Trommeln und Vuvuzelas die Naziparolen in ohrenbetäubendem Lärm untergehen ließen.

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Das Bündnis, das gegen den Naziaufmarsch mobilisiert hatte, bestand zum Schluss aus 60 Organisationen und Gruppen und reichte von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) bis hin zur CDU und den Heidelberger Kirchen.
 
Die Nazis waren von Bruchsal aus von der Polizei bis auf den Bahnhofsvorplatz geleitet worden, wo sie um 14 Uhr eintrafen. Angesichts der zu erwartenden Überzahl von GegendemonstrantInnen hatten die Rechten ihr Vorhaben, durch die Stadt zu marschieren, schon im Vorhinein aufgegeben. Trotz eines immensen Polizeischutzes auf der Hin- und Rückfahrt hatten sich nur 17 Mitglieder des Nazi-Hool-Bündnisses „Steh auf für Deutschland“ nach Heidelberg getraut. Unterstützt wurden sie von ganzen vier NPD-Mitgliedern um den Kreisvorsitzenden Jan Jaeschke, die mit einem eigenen Transparent erschienen waren.
 
Trotz eines gigantischen Polizeiaufgebots schafften es über hundert AntifaschistInnen, bei der Abreise der Nazis um 15.30 Uhr in den Bahnhof vorzudringen und die Nazis am Gleis förmlich in ihren Zug zu scheuchen.
 
AIHD-Sprecherin Clara Grube erklärte dazu: „Der heutige Tag dürfte den Faschistinnen und Faschisten wieder einmal gezeigt haben, dass Heidelberg für sie eine No-go-Area ist. Er dürfte der NPD darüber hinaus einen Vorgeschmack auf das geben, was sie erwartet, wenn sie am 21.11. versucht, ihren Bundesparteitag in Weinheim abzuhalten.“

Im Folgenden dokumentieren wir den Redebeitrag der AIHD auf der Kundgebung vor dem Bahnhof:

„Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Genossinnen und Genossen,
 
fast 600 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte zählt das BKA allein in den letzten zehn Monaten. Das bedeutet im Schnitt: Jeden Tag werden in Deutschland mindestens zwei Anschläge auf Gebäude verübt, in denen Schutzsuchende vor Hunger, Krieg und Verfolgung ein Dach über dem Kopf gefunden haben oder finden sollten.
 
Der Verfassungsschutz hat all diese Monate hindurch beschwichtigt: Bei all den Hogesa- und Pegida-Aufmärschen sei kein maßgeblicher rechter Einfluss zu erkennen. Nun mag die geistige Nähe zu diesem Milieu so manchen Schlapphut verblendet haben. Ganz so blöd ist der Inlandsgeheimdienst allerdings nun auch wieder nicht. Vor ein paar Tagen wurde öffentlich: In Gestalt des Hammerskins Roland Sokol war der baden-württembergische Verfassungsschutz mit einem V-Mann maßgeblich an der Gründung von Hogesa beteiligt. Die Hammerskins sind der gewalttätigste und radikalste Teil der Nazibewegung und eng verbunden mit dem Terrornetzwerk des NSU. Auch die Existenz der Hammerskins in Baden-Württemberg hat der Geheimdienst hartnäckig geleugnet und war doch selbst in deren Führungsebene präsent. Rückendeckung erhält er immer noch von der grün-roten Regierung und insbesondere von SPD-Innenminister Reinhold Gall.
 
Jetzt trägt dieses Engagement des Verfassungsschutzes Früchte. Jede Nacht brennen Unterkünfte – am Mittwoch zum Beispiel in Ludwigshafen –, Flüchtlinge können sich ihres Lebens nicht mehr sicher sein und Regierungsparteien aller Couleur kochen auf den Bränden ihr trübes Süppchen.
Die Grünen erklären mal eben den gesamten Balkan zum sicheren Herkunftsland, die CSU setzt sich mit ihrer Forderung nach bewachten Lagern an den Grenzen durch. Der Tübinger OB Boris Palmer fordert den Einsatz von Militär zur Flüchtlingsabwehr an den deutschen Grenzen und Angela Merkel stärkt dem autoritären Regime in Ankara den Rücken im Tausch gegen das Versprechen, Deutschland die Flüchtlingsströme vom Hals zu halten.
 
 
Es ist keine falsche Parallele, wenn man sich an 1992 erinnert fühlt. Im Schein der brennenden Flüchtlingsheime wurde damals das Asylrecht faktisch abgeschafft. Sprecher des brandschatzenden Mobs vor dem Sonnenblumenhaus in Rostock war damals übrigens der V-Mann des Verfassungsschutzes Norbert Weidner. Heute ist er Funktionär der Deutschen Burschenschaft.
Heute brennen wieder Flüchtlingsunterkünfte und diesmal sollen die Überreste des Asylrechts geschleift und dafür gesorgt werden, dass schon der Rechtsweg zu einem Antrag faktisch unmöglich gemacht wird. Und wieder hat der Verfassungsschutz seine Hand an der Lunte und hält den Nazis den Rücken frei.
 
Wenn wir heute gegen die Rassisten und Fremdenhasser auf die Straße gehen, dann erteilen wir auch all denen eine Absage, die aus der faschistischen Hetze politisches Kapital schlagen wollen. Wir sagen ganz deutlich: Deutschland hat kein Flüchtlingsproblem. Dieses Land hat ein Naziproblem.
 
Es ist gut, dass wir heute hier so viele sind. Noch besser ist es, dass so viele erkannt haben, dass wir uns beim Kampf gegen den Faschismus nicht auf Staat und Politik verlassen können und werden. Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, den Nazis klarzumachen, dass sie NICHT die Stimme der schweigenden Mehrheit sind.
 
Nicht die Polizei wird die Nazis daran hindern, durch unsere Städte zu marschieren, sondern unser gemeinsamer Widerstand. Wenn wir genügend Menschen sind, die sich den Nazis entgegenstellen, dann muss ihre dumpfe Hetze auch heute wieder vor unserem Widerstand und unserem zivilen Ungehorsam kapitulieren. Wir werden am 21.11. in Weinheim wieder Gelegenheit haben, das unter Beweis zu stellen, wenn die NPD in Weinheim ihren Bundesparteitag abhalten will.
 
Sorgen wir dafür, dass den Nazis dieser Tag in Heidelberg nicht in guter Erinnerung bleibt.

Keinen Fußbreit den Nazis! Nicht in Heidelberg und auch nicht sonstwo!

 

 

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), 24.10.2015

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