
Nachdem wir am Wochenende das “Electric Horizon Festival” in Plankstadt sowie einige Medien darüber informiert haben, dass “Hammerskins” “PikAss Tattoo” in Wiesloch und Ketsch betreiben, hat das Festival das rechte Tattoostudio umgehend ausgeladen. Eigentlich hätte das Tattoostudio des Neonazis Marco Berlinghof am 16. August 2025 auf dem Festival im “Weldegarten” in Plankstadt Besucher*innen tätowiert. Das haben wir verhindert! Dieser antifaschistische Erfolg zeigt, dass es sich weiterhin lohnt, zu recherchieren und Geschäftspartner*innen von Nazis zu informieren. Für diese Arbeit sind auch Hinweise wichtig. Wenn ihr von solchen Umtrieben wisst: Informiert eure lokale Antifa!
Der Geschäftsführer des Basement Clubs in Schwetzingen, welcher das Festival veranstaltet, gab in der Schwetzinger Zeitung an, bislang nichts vom Nazi-Hintergrund des PikAss-Inhabers Marco Berlinghof und des Geschäftsführers der Wieslocher Filiale Wolfgang Benkesser gewusst zu haben. Nach Prüfung unseres Schreibens hat er sich dazu entschieden, “die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden”. Zudem sagte er der Schwetzinger Zeitung, das Festival “lehne[…] jede Form von Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremem Gedankengut klar und ausdrücklich ab”.
Marco Berlinghof und Wolfgang Benkesser, Inhaber und Geschäftsführer von “PikAss”, gehören beide zum Netzwerk der verbotenen “Hammerskins”. In der Schwetzinger Zeitung streitet Marco Berlinghof mal wieder ab, heute noch etwas mit den “Hammerskins” zu tun zu haben. Dies ist jedoch absolut unglaubwürdig. So stimmt seine Angabe, er habe das letzte Mal vor 15 Jahren Kontakt zu den “Hammerskins” gehabt, nachweislich nicht. 2017 waren Berlinghof und Benkesser mit weiteren Faschos zusammen als “Hammerskin”-Gruppe auf Mallorca. Unter der Schlagzeile “Hammerskins randalieren bei Mia-Julia-Auftritt” schafften sie es in die BILD-Zeitung. Sie hatten im “Bierkönig” eine Reichskriegsflagge gezeigt, rassistische Parolen skandiert und laut Berichten zwei Frauen verprügelt. Auf einem Foto der Gruppe sind auf den Oberkörpern deutlich Hakenkreuze, Eiserne Kreuze, Wehmachtssoldaten sowie Symbole der „Hammerskin Nation“ zu sehen. (1)
Das “PikAss”-Tattoostudio, von dem Berlinghof heute behauptet, es stehe für “Vielfalt und Freiheit”, existierte damals schon. Schon 2014 versuchte Berlinghof mit ähnlichen Behauptungen, das Image seines Studios rein zu halten – und war zeitgleich und zu späteren Zeitpunkten noch auf Fotos mit Nazis zu sehen, trägt selbst Tattoos, die unter anderem Wehrmacht heroisieren, oder kondolierte auf Facebook seinem verstorbenen “Bruder” (so nennen sich Mitglieder der “Hammerskin”-Bruderschaft) und “Kameraden” Roland Sokol mit der Parole “Sieg Heil”. (2) (3) (4) Im Laufe der Zeit finden sich viele rechte bis eindeutige Nazi-Tattoos in Berlinghofs Portfolio. (5)
Spätestens mit seinem Kollegen Wolfgang Benkesser ist Berlinghofs Behauptung, er habe nichts mehr mit der rechtsradikalen Szene zu tun, gänzlich widerlegt. Benkesser gehört der Hooligan-Szene des SV Waldhof Mannheim an, ist Gründungsmitglied des “Hammerskin”-Chapters “Westmark”, später “Westwall”, war in der NPD und JN organisiert, steht den “Hells Angels” nahe, war im Rotlicht-Milieu tätig und ist Kampfsportler. Nach medialer Aufmerksamkeit nach einem Angriff auf einen Antifaschisten 1999 in Mannheim inszenierte der damalige Bundeswehr-Soldat schon einmal einen Ausstieg aus der rechten Szene.
2022 stellte Berlinghof Benkesser als Geschäftsführer seiner Filiale in Wiesloch ein. Seitdem nahm Benkesser, von dem Berlinghof behauptet, er sei nicht mehr politisch aktiv, an der Beisetzung des Neonazis Christian Hehl teil und war Teil der Organisationsstruktur des “Hammerskin”-Kampfsportevents “European Fight Night” in Ungarn. (6)
Im Zuge des Verbots der “Hammerskins” wurden 2023 eine Wohnung von Benkesser in Düsseldorf sowie die “PikAss”-Räume in Wiesloch durchsucht. Die Behörden stuften Benkesser und Berlinghof offenbar als wichtige Persönlichkeiten innerhalb der rassistischen Bruderschaft ein.
Tattoostudios sind für die rechte Szene wichtige Schnittstellen zwischen Neonazis, Rockerclubs und Hooligans. Über ein Studio, das sich heute modern gibt, kommen die Nazis außerdem mit Menschen außerhalb ihrer clandestinen und in vielen Fällen stark angestaubten Bruderschaften in Kontakt. Außerdem ist die rechte Subkultur für Nazis wichtig, um Lebensunterhalt sowie rechte Aktivitäten zu finanzieren. Das versucht Berlinghof mit seinen Behauptungen zu sichern.
Deshalb ist es wichtig, sie zu stören. Ihre Studios haben eine Funktion für die rechte Szene – unabhängig davon, ob dort noch Hakenkreuze tätowiert werden oder nicht. Es ist deshalb gut, dass “PikAss” beim Electric Horizon Festival nicht dabei sein wird, dort keine Plattform bekommt, nicht für sich werben kann und nichts verdient. Wir machen weiter, bis der letzte Nazi-Laden dicht ist!
Verweise:
(1) AIHD (2017): Nazi-Party auf Mallorca – “Hammerskins” unterwegs
(2) AIHD (2015): Nazi-Tätowierer kondoliert “Hammerskin” Bruder
(3) Schwetzinger Zeitung (2014): Ketscher Tätowierer gerät in heftiges Kreuzfeuer
(4) AIHD (2017): “Schwetzinger Zeitung” wäscht Nazi die braune Weste weiß
(5) AIHD (2014): Schwetzinger Zeitung macht PR für Nazi-Tätowierer
(6) AIHD (2023): Verbotene Hammerskins be-treiben Tattoo-Studio in Wiesloch
Weitere Pressemitteilungen der AIHD zum Thema “PikAss” und “Hammerskins” sind auf unserem Blog bei der aktuellen PM verlinkt. Weitere Infos zu den “Hammerskins” gibt es in der EXIF Recherche & Analyse zum Verbot der “Hammerskins” unter exif-recherche.org