Am 16. Oktober 2022 ist der langjährige rechte Aktivist Christian Rolf Hehl in einem Mannheimer Krankenhaus an Herzversagen verstorben.
Der 1969 geborene Hehl begann seine Aktivitäten in der extrem rechten Szene als Nazi-Skinhead und Hooligan bei „The Firm“, einer Mannheimer Schläger-Truppe aus Anhängern des SV Waldhof Mannheim. Christian Hehl war Mitglied in mehreren Gruppierungen der militanten Rechten – unter anderem in der 1992 verbotenen „Nationalistischen Front“ (NF), in der 1993 aufgelösten „Aktionsfront Nationaler Kameraden“ (ANK), der 1995 verbotenen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiter-Partei“ (FAP) sowie des Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“ (B&H). Auch nach dem Verbot von B&H war Hehl im Rechtsrock-Geschäft aktiv.
1997 eröffnete der mehrfach einschlägig vorbestrafte Hehl in Ludwigshafen das Ladengeschäft „Hehl’s World“, in dem neben Rechtsrock-CDs auch Nazi-Klamotten und Waffen angeboten wurden. Aufgrund antifaschistischen Drucks wurde ihm im Mai 1998 die Konzession für den Betrieb seines Ladens entzogen, das Geschäft wurde geschlossen.
Christian Hehl wurde 1998 zum Beauftragten der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) für die Region Vorderpfalz ernannt. Im September 2002 trat er für die NPD als Direktkandidat in Ludwigshafen bei der Bundestagswahl an. Im Januar 2006 wurde Hehl als Beisitzer in den Landesvorstand der NPD Rheinland-Pfalz gewählt. Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 26. März 2006 stand er auf Platz 5 der NPD-Landesliste. Darüber hinaus war er ab 2003 zusammen mit heutigen Kadern der Kleinstpartei „Der III. Weg“ und dem „Hammerskin“-Chef Malte Redeker im neonazistischen „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ führend aktiv. Hehls Rolle war dabei, so genannte freie Kameradschaften an die NPD zu binden. Von 2003 bis 2006 wohnte er in Mannheim zusammen mit der späteren NSU-Anwältin Nicole Schneiders.
Bei den Kommunalwahlen 2014 in Mannheim wurde Christian Hehl für die NPD in den Gemeinderat gewählt. Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2016 trat er für diese Partei im Wahlkreis Mannheim I an, verfehlte jedoch den Einzug in den Landtag.
Im März 2018 musste Christian Hehl vor dem baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss aussagen. Er hatte 1996 in Worms zusammen mit den späteren NSU-TerroristInnen Beate Zschäpe und Uwe Mundlos am „Rudolf-Heß-Marsch“ teilgenommen.
2019 trat Hehl nochmal für die NPD bei der Kommunalwahl an, errang jedoch keinen Sitz im Mannheimer Gemeinderat.
Ab 2016 wurde es ruhiger um Hehl, was sicher auch seinem gesundheitlichen Zustand geschuldet war. Bei Straßenaktionen war er kaum noch anwesend. Hin und wieder trieb er sich beim Fußball, auf Rechtsrock- oder anderen Szene-Events herum, wie beispielsweise im Juli 2017 bei „Rock gegen Überfremdung“ in Themar (Thüringen) oder auf der Beerdigung des Dortmunder Nazi-Skins Siegfried Borchardt, genannt „SS-Siggi“ im Januar 2022.
Mit Christian Hehl verliert die (subkulturelle) Nazi-Szene eine wichtige Integrationsfigur. Als Bindeglied zwischen Hooligans, Rechtsrock-Business und Nazi-Szene war Hehl ein Einstiegshelfer für junge rechte und rechtsoffene Leute in die neofaschistische Szene der Rhein-Neckar-Region.