Das Herumreichen politisch „bedeutender“ Positionen ist beendet: Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP steht und hat sich mit der Macht über die wichtigsten Ämter ausgestattet. Da sich nun alle stolz auf die Schulter klopfen, wollen wir einen politischen Skandal thematisieren, der in diesem Postenhandel entstanden ist und weitreichende Konsequenzen haben wird: Die AfD wird künftig wahrscheinlich dem Innenausschuss sowie dem Gesundheitsausschuss des Bundestages vorsitzen.
Vorab: Wir sind uns bewusst, dass kein Parlament in diesem kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem die Veränderung bringen wird, die wir für ein gutes Leben für alle brauchen. Trotzdem haben politische Entscheidungen, die in Parlamenten fallen, meistens materielle Auswirkungen auf unser Leben und müssen daran gemessen und bewertet werden. Denn die sich als „wehrhaft“ gerierende Repräsentativdemokratie stellt auch nur eine materielle Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse dar: Der Staat ist ein Feld des sozialen Kampfes, auf dem die herrschenden Klassen und Klassenfraktionen als massiver Machtblock organisiert werden. Zugleich ist die BRD aber eben auch ein kapitalistischer Apparat, der von den Parlamenten aus verwaltet und geschützt werden muss. In fundamentalen Krisen besinnen sich die Herrschenden auf autoritäre Lösungsstrategien, wodurch der Faschismus für sie zu einem vielversprechenden Kontrollsystem wird, das die bestehenden Besitzverhältnisse noch brutaler gegen jedes Aufbegehren sichert. Solch eine Situation ersehnen faschistische Kräfte wie die AfD und sehen eine realistische Chance dann gekommen, wenn sie zu einer relevanten Kraft im Parlament geworden sind. Wenn wir also politische Vorgänge wie diesen im Bundestag skandalisieren, fordern wir damit nicht eine „bessere“ oder „angemessenere“ Zusammenarbeit mit Faschist*innen, sondern überhaupt keine!
Was ist passiert?
Die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen des Bundestags werden nacheinander nach der Größe der Fraktionen vergeben. Das Ergebnis der Auswahl der FDP, SPD, Grünen sowie der CDU/CSU ist, dass die faschistische AfD nun die Vorsitze über den Innenausschuss und den Gesundheitsausschuss erhält, die sie dankend annehmen wird. Die AfD wird also künftig unter anderem noch mehr Zugang zu sensiblen Informationen (z. B. über befreundete Rechte und verfeindete Linke) erhalten, Sitzungen leiten, das Wort erteilen bzw. entziehen und parlamentarische Arbeit damit noch stärker mitbestimmen. Ihre Einstellung zur Corona-Pandemie wird auch den Gesundheitsausschuss maßgeblich prägen. Im Innenausschuss, der sich unter anderem mit der extremen Rechten auseindandersetzen muss, darf sich die AfD wohl bald mit noch mehr Informationen über die eigene Partei beschäftigen. Das Lachen über diese Absurdität bleibt uns im Hals stecken.
Die AfD kann und wird die ihr zukommenden Ausschüsse als politisches Instrument benutzen, um sich abzusichern und zu stärken. Neben den Auswirkungen auf parlamentarische Arbeit wird sie damit auch gefährlicher für Linke und alle anderen von faschistischer Politik Betroffene.
Die Gefahr, die von der AfD ausgeht, ist real. Ihre Machenschaften zeigen aber nicht nur bei anderen Politiker*innen in Parlamenten ihre Wirkung, sondern vielmehr bundesweit auf den Straßen, in den Betrieben, in den Schulen, in der gesamten Gesellschaft. Der Kampf gegen die Faschist*innen muss daher auch auf allen Ebenen geführt werden. Auf ein Parlament, einen Staat und seine Organe, die mehr und mehr von rechten Kräften durchsetzt sind, können und dürfen wir uns dabei nicht verlassen!
Noch sind die Vorsitzenden für die Ausschüsse nicht gewählt. Mit großer Sicherheit wird die AfD für den Innenausschuss Gottfried Curio aufstellen. Dieser ist vor allem durch seine Hetz-Reden bekannt geworden: So bezeichnete er eine verschleierte Frau als „Sack, der spricht“ und Sprengstoffgürtel trage, er schlug die planmäßige Erhöhung der Geburtenrate der Deutschen vor, „statt das eigene Volk auszutauschen“, und beschrieb Migration als die „Urkatastrophe des 21. Jahrhunderts“.
Was von ihm also als Vorsitzendem des Innenausschusses zu erwarten ist? Eines seiner Zitate fasst es gut zusammen. Gottfried Curio meint: „Der Kampf gegen Rechts ist ein Kampf gegen das Recht“.
Kein Fußbreit den Faschist*innen!