Angesichts der polizeilichen Vertuschungspolitik zu den Nazi-Umtrieben in Wiesloch erschien am 19. September 2018 die folgende Pressemitteilung der AIHD/iL:
Polizei hält rechten Hintergrund der Täter zurück.
Neonazis für rassistischen Angriff in Wiesloch verantwortlich
Antifaschistische Initiative Heidelberg kritisiert zurückhaltende Informationen – Sprecherin unterstreicht neonazistischen Hintergrund der Tatbeteiligten – Brisant: Polizeiangestellter offenbar an der Tat beteiligt
Nach dem rassistisch und nationalistisch motivierten Angriff von Neonazis auf Besucher*innen eines Eiscafés in Wiesloch am 8. September 2018 hat die Polizei am 18. September zwei mutmaßliche „Rädelsführer“ präsentiert. Gegen die beiden Männer im Alter von 23 und 36 Jahren seien am 18. September Haftbefehle erlassen worden, die jedoch außer Vollzug gesetzt wurden. Insgesamt hätten bei sechs mutmaßlich Beteiligten aus Angelbachtal, Mühlhausen, Graben-Neudorf und Sinsheim am 17. September Haus- und Wohnungsdurchsuchungen stattgefunden. Zeug*innen und auch die Polizei hatten zunächst von sieben Angreifern gesprochen.
Gegen die aktuell sechs Beschuldigten werde, so die Behörden, wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, der Sachbeschädigung, des Landfriedensbruchs, der Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Die Angreifer hatten zum Teil mit Mobiliar auf ihre Gegner*innen eingeschlagen. Einer der Schläger tritt auf einen am Boden liegenden Mann ein. Auf einem Video, das unter anderem den Angriff der Neonazis zeigt, ist mehrfach der Hitlergruß zu sehen. Zeug*innen berichteten darüber hinaus von Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“. Einer der Angreifer bezog sich im lauten Streitgespräch mehrfach auf den italienischen Faschistenführer Benito Mussolini und positionierte sich lautstark gegen den Islam – das ist ebenfalls im Video zu hören.
In ihrer Pressemitteilung vom 18. September schreiben Polizei und Staatsanwaltschaft von einem „politisch motivierten Angriff“. Sie verlieren kein Wort darüber, dass es sich zum Teil um Tatbeteiligte handelt, die einschlägig bekannt sind. So gehören nach Angaben mehrerer unabhängiger Quellen mindestens drei der Angreifer seit Jahren der neonazistischen Szene im Kraichgau an.
Clara Grube, Sprecherin der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD/iL): „Wir kennen diese Leute seit vielen Jahren von zahlreichen rechten Aufmärschen und Kundgebungen, wie beispielsweise in Sinsheim. Nicht nur der Polizei, sondern vor allem dem so genannten Verfassungsschutz sollten diese Männer eigentlich bekannt sein. Warum wird nicht klar kommuniziert, dass es sich bei den Schlägern um Anhänger der rechten Szene handelt?“
Besonders brisant ist jedoch die Tatsache, dass einer der Tatbeteiligten ein Angestellter der Polizei ist. Der 30-Jährige wurde laut Polizei „mit sofortiger Wirkung freigestellt und von sämtlichen Aufgaben entbunden“. Erneut verwundert es, dass sich die so genannten Sicherheitsbehörden immer wieder solche faulen Eier ins Nest setzen.
„In diesem Zusammenhang muss eine lückenlose Aufklärung erfolgen“, fordert AIHD-Sprecherin Grube. „Vor allem interessant ist, welchen Tätigkeiten der Mann bei der Polizei zugeordnet war. In welcher Abteilung war er eingesetzt? Hatte er Zugang zu sensiblen Daten? War er beispielsweise dem Inlandsgeheimdienst bereits als Anhänger der rechten Szene bekannt?“