AntifaGraz25: „Kriminelle Vereinigung“ und „schwerer Raub“

Im österreichischen Graz drehen die Repressionsorgane derzeit völlig frei und ermitteln seit Anfang 2025 mit absurden Konstrukten gegen sieben Aktivist*innen. In diesem sog. AntifaGraz25-Verfahren drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Am 25. Januar 2025 fand in Graz der Akademikerball statt – ein rechtsextremes Vernetzungstreffen, bei dem Burschenschafter, Identitäre und FPÖ zusammenkommen. Wie jedes Jahr wurde der Ball von einer antifaschistischen Gegendemonstration begleitet. In derselben Nacht kam einem FPÖ-Funktionär und Mitglied der deutsch-nationalen Burschenschaft Marcho Teutonia Graz seine Couleur-Mütze abhanden. Zudem stürzte der mutmaßlich sturzbetrunkene „Alte Herr“ und verletzte sich.

In der Folge begann die Polizei öffentlich nach einer beschuldigten Person zu fahnden. Lautete der Vorwurf anfangs noch „Diebstahl“ und „Körperverletzung“, so schaltete sich bald das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) ein und ermittelte wegen „schweren Raubes“. Dabei handelt es sich um einen der schwersten Vorwürfe des österreichischen Strafgesetzbuchs: Bei einer Verurteilung drohen den Betroffenen bis zu 15 Jahre Haft. Zudem konstruierten die Ermittlungsorgane eine „kriminelle Vereinigung“ nach § 278 des österreichischen StGB und erweiterten die Zahl der Beschuldigten plötzlich auf sieben. Ähnlich wie der hiesige § 129 öffnet der Vereinigungsparagraf Tür und Tor für umfassende Überwachungs- und Durchleuchtungsmaßnahmen.

Dass die Grazer Behörden bei der Suche nach einer Mütze alle Register ziehen, liegt vor allem an der politischen Entwicklung in der rechten Steiermark, die seit Ende 2024 von der FPÖ regiert wird. Rechte Korporierte sitzen in Spitzenpositionen, darunter Landtagspräsident Gerlad Deutschmann, der genau wie der gestürzte „Alte Herr“ sowohl der FPÖ als auch der Burschenschaft Marcho Teutonia Graz angehört. Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, ebenfalls rechter Burschenschafter und FPÖ-Politiker, forderte kurz nach dem Vorfall „umfassende Aufklärung“ – direkt bevor das LSE die Ermittlungen an sich zog.

Ende Februar und Anfang März 2025 fanden dann bei insgesamt sieben Personen äußerst brutale Hausdurchsuchungen statt: Das auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierte Sonderkommando Cobra zertrümmerte die Türen und riss die Betroffenen und ihre Mitbewohner*innen mit vorgehaltenen Waffen aus den Betten. Fünf Antifaschist*innen wurden festgenommen, zwei weitere stellten sich der Polizei freiwillig, nachdem sie nicht festgenommen werden konnten. Alle sieben wurden längere Zeit festgehalten – zum Teil mehrere Wochen.

Es war sofort klar, dass das verlorene Burschen-„Kapperl“ nur ein Aufhänger war: Beschlagnahmt wurden Speichermedien und Handys, und die Verhöre drehten sich kaum um die konkrete kriminalisierte Situation. Stattdessen galten die Fragen der Beamt*innen in erster Linie antifaschistischen Gruppen in Graz sowie dem Bündnis, das die Proteste gegen den Akademikerball organisiert hatte.

Während einige Aktivist*innen nach den zulässigen 96 Stunden freikamen, wurden Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft anschließend dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl überstellt. Die Behörde behielt sie mehrere weitere Tage lang in Gewahrsam, verhörte sie immer wieder zu ihrem Privatleben, ihrem Studium und ihren politischen Aktivitäten und prüfte ihre Abschiebung.

Nach der Freilassung erhielten die meisten Betroffenen zunächst absolutes Kontaktverbot zueinander, sodass sie nicht in ihren normalen Alltag zurückkehren konnten. Zudem mussten sie sich monatelang jede Woche auf der Polizeistation melden.

Im September 2025 erhob die Staatsanwaltschaft tatsächlich gegen alle sieben Personen Anklage wegen schweren Raubes. Wann der Prozess stattfinden wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Eine Soli-Gruppe in Graz und die Rote Hilfe Steiermark – eine seit Jahren aktive Rechtshilfegruppe – unterstützen die Betroffenen juristisch, emotional, aber auch finanziell. Unter https://linktr.ee/antifagraz25 gibt es weitere Informationen zum aktuellen Stand.

Obwohl schon viele Spenden gesammelt werden konnten, stoßen die österreichischen Solistrukturen bei diesem umfangreichen Verfahren an ihre Grenzen. Deshalb ruft auch die Rote Hilfe e. V. zu Spenden auf an das folgende Konto:

Rote Hilfe e. V.

IBAN: DE32 4306 0967 6003 2928 00

Stichwort „Graz“

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