Für den 15. Mai moblisieren feministische Gruppen und Organisationen bundesweit zum Aktionstag gegen die Paragrafen 218/219, der vor genau 150 Jahren ins Strafgesetzbuch aufgenommen wurde. Unter dem Motto „Weg mit § 218 – 150 Jahre Fremdbestimmung sind genug!“ organisiert auch das Feministische Bündnis Heidelberg eine Kundgebung mit Redebeiträgen und Musik. Beginn ist um 18 Uhr auf dem Uniplatz.
Im Aufruf dazu heißt es:
„Seit dem 15.05.1871 wird der Schwangerschaftsabbruch als Tötungsdelikt klassifiziert. Somit werden Frauen bereits 150 Jahren – in ihrem Recht selbstbestimmt über den eigenen Körper zu bestimmen – kriminalisiert.
Wir wollen euch einladen mit uns auf die Strasse zu gehen um für die Abschaffung des §218 und eine uneingeschränkte Selbstbestimmung aller Frauen zu kämpfen. Wir werden nicht ruhen, solang unsere reproduktiven Rechte uns nicht endlich zugestanden werden.“
Zum Aktionstag gibt es auch einen Aufruf der Linksfeministischen Vernetzung Süddeutschland:
„150 Jahre §218 StGB – Es reicht!
Ersatzlose Streichung und nicht weniger!
Wir Frauen* fordern das Recht, selbst zu entscheiden, ob wir überhaupt Kinder wollen, wann wir Kinder wollen und wieviele Kinder wir wollen. Dazu gehört auch das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, nach den besten medizinischen Bedingungen und kostenlos.
Am 15.5.1871 wurde der §218 ins Reichstrafgesetzbuch aufgenommen. Seit dieser Zeit besteht auch der Kampf für die Abschaffung dieses Schandparagraphen. Bis heute ist ein Schwangerschaftsabbruch in der BRD immer noch grundsätzlich strafbar und gilt nur unter bestimmten Bedingungen als gerechtfertigt. Dies ist unter anderem innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft nach Zwangsberatung der Fall. Es muss endlich Schluss damit sein, dass Lebensentscheidungen von Frauen* letztlich von Moralvorstellungen und dem konservativen Frauen*bild von Kirchenmännern, Politiker*innen, rechten „Lebensschützer“ –Kreisen, Richter*innen und Staatsanwält*innen abhängig gemacht wird.
Wenn heute Ärzt*innen nach §219a wegen Informationen zum Schwangerschaftsabbruch strafrechtlich verfolgt werden und immer weniger Ärzt*innen bereit sind einen Abbruch vorzunehmen, bedeutet dies eine massive Verschärfung der Lage, da Frauen* damit verunmöglicht wird selbst ihre eingeschränkten Rechte nach dem aktuellen §218 wahrzunehmen.
Wenn wir tatsächliche Entscheidungsfreiheit in der Kinderfrage, Selbstbestimmung und reproduktive Gerechtigkeit einfordern, dann geht es uns auch um gute Lebensbedingungen, kostenlose gute öffentliche Kinderbetreuung, kostenlose Verhütungsmittel, Bildungs- und Aufklärungsarbeit in den Schulen, „Care-Revolution“, d.h. Umverteilung der Sorgearbeit und existenzsicherndes Einkommen. Wirkliche Entscheidungsfreiheit für oder gegen Mutterschaft setzt auch soziale Sicherheit und eine Gesellschaft ohne patriarchale und soziale Unterdrückung voraus.
Restriktive Abtreibungsgesetze sind Ausdruck frauenverachtender Verhältnisse und bevölkerungspolitischer Herrschaftsinstrumente. 150 Jahre §218 ist ein Skandal, den wir endlich beenden müssen.
Der Kampf um körperliche Selbstbestimmung treibt Frauen* weltweit auf die Straße. Unsere Schwester* in Argentinien haben vorgemacht wie mit vielfältigen Aktionen erfolgreich Druck auf den patriarchalen Staat aufgebaut werden kann. Ein Blick zu unseren Nachbar*innen nach Polen zeigt uns wie hartnäckig und konstanter Protest organisiert werden kann. An diese Kämpfe wollen wir anknüpfen.
Als „Linksfeministische Vernetzung Süddeutschland“ rufen wir zu Protestaktionen am unrühmlichen Jahrestag des §218 am Samstag den 15.5.2021 auf.“