Redebeitrag bei „Die Zeit für Freiheit ist gekommen!“ am 9.2.2021

Am Dienstag, 9. Februar 2021 fand nachmittags eine Kundgebung im Rahmen der Aktionswoche „Isolation, Faschismus und Besatzung beenden! Die Zeit für Freiheit ist gekommen!“ auf dem Alten Messplatz in Mannheim statt, an der trotz der Kälte und der frühen Uhrzeit über hundert Demonstrant*innen teilnahmen. Die Mannheimer Station der Aktionstage, die 2021 anstelle des jährlichen Langen Marschs stattfinden, stand unter dem Motto „Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben – Lasst uns das System aus den Angeln heben!“
Ein ausführlicher Bericht mit Video und Fotos findet sich auf anfdeutsch.com.

Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag:

Liebe Freund*innen, liebe Genoss*innen,
ich freue mich, dass ich bei der heutigen Kundgebung für die Antifaschistische Initiative Heidelberg/organisiert in der Interventionistischen Linken sprechen darf.
Überall auf der Welt sind Frauen* patriarchaler Gewalt ausgesetzt, und durch das Erstarken rechter Kräfte wird das Ausmaß der Bedrohung stärker.
Die Formen der Gewalt sind vielfältig:
Es beginnt bei der strukturellen Benachteiligung von Frauen* bei der Arbeitsplatzsuche, bei schlechterer Bezahlung für gleiche Arbeit und bei der Doppelbelastung durch Lohnarbeit und Care-Arbeit. Täglich erfahren wir Frauen* zudem diskriminierende Beleidigungen – offener oder subtiler – und sehen uns sexualisierenden Blicken bis hin zu physischen sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Noch immer ist es für Frauen* schwer, sich gegen Vergewaltigungen und häusliche Gewalt zu wehren, und allzu oft bleiben die Täter straffrei. Der brutale Mord von Männern an Partnerinnen* und Kindern wird in der Presse verharmlosend als „Familiendrama“ bezeichnet, als wäre es ein Theaterstück.
Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation nochmals verschärft, indem Frauen* noch stärker mit Haushalt und Kinderbetreuung belastet sind. Auch die häusliche Gewalt ist seither noch weiter angestiegen, während zugleich Beratungsstellen schwerer zugänglich sind und Frauen*häuser und andere Schutzräume ihre Plätze pandemiebedingt einschränken müssen.
In vielen anderen Ländern ist die Gewalt gegen Frauen* noch weit mörderischer, und Femizide sind vielerorts eine erschreckend alltägliche Erscheinung. Durch rechte Bewegungen und islamistische Gruppen wird der Terror gegen Frauen* immer stärker.
Doch dagegen hat sich in den letzten Jahren auch global Widerstand formiert. Bei den Demonstrationen am 8. März, dem Frauen*kampftag, und am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen*, gehen weltweit unzählige Aktivistinnen auf die Straße. In Lateinamerika, aber auch auf anderen Kontinenten beteiligten sich Millionen am Frauen*streik am 8. März. Kampagnen wie #metoo haben das Schweigen über sexuelle Gewalt gebrochen. In Indien gibt es inzwischen eine breite Bewegung gegen die Vergewaltigungen und Femizide, die viel zu lange geduldet wurden.
Und wie so oft ist die kurdische Frauen*bewegung eine wichtige Vorreiterin, die auf der Straße, in den Köpfen, aber auch bewaffnet in den Frauen*bataillonen der YPJ den Kampf gegen das mörderische Patriarchat führt.
Dieser mutige Kampf der kurdischen Frauen*bewegung hat schon zahllose Opfer gefordert, und ich will an dieser Stelle stellvertretend für die vielen gefallenen Kämpferinnen* und Aktivistinnen* nur Sakine Cansız nennen, die am 9. Januar 2013 gemeinsam mit den Freundinnen* Fidan Doğan und Leyla Şaylemez in Paris vom türkischen Geheimdienst erschossen wurde.
Doch die mörderischen Anschläge und Angriffe faschistischer und islamistischer Organisationen, der tödliche patriarchale Alltag und die anhaltende Gewalt dürfen uns nicht einschüchtern.
Es ist an uns allen, die feministischen Kämpfe in aller Welt zu verbinden und gemeinsam ein Ende der Gewalt gegen Frauen*, ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung zu erreichen.

Frauen*, die kämpfen, sind Frauen*, die leben!
Jin, jiyan, azadî!

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