Pressemitteilung vom 4.10.2020
Weitere Einblicke ins Innenleben der „Burschenschaft Normannia zu Heidelberg“
Nachdem eine Recherchegruppe mit dem Namen „Stückgarten fräsen“ bereits am 20. September 2020 auf der unabhängigen Medienplattform de.indymedia.org zahlreiche Informationen zu den rechten Umtrieben bei der „Burschenschaft Normannia“ veröffentlicht hatte, folgten am 2. Oktober unter dem Titel „Im Normannen-Haus brennt noch Licht …“ (https://de.indymedia.org/node/106881) weitere Einblicke ins Innenleben dieser extrem rechten Studentenverbindung. Wir stufen dieses Material als verifizierbar ein.
Bei der Lektüre dieses ausführlichen indymedia-Artikels wird zunächst deutlich, dass sich die laut Gunnar Heydrich etwa 100 „Alten Herren“ der Normannia „aus der Schusslinie zu bringen“ versuchen, „geht es bei ihnen doch um angesehene Vertreter von Politik, Ärzteschaft, Wirtschaft und Polizei“. Zu diesem Zwecke verbreite Heydrich laut Recherchegruppe allerlei Lügen, die über die Presse kolportiert würden: Zum einen behaupte er im Mannheimer Morgen vom 23.09.2020, am 28.08.2020 habe kein Stiftungsfest der Normannia stattgefunden. Das mache er deshalb, weil er nur so die Verantwortung für den antisemitischen Angriff, der auf diesem von der Normannia ausgerichteten Fest durchgeführt wurde, von seinem eigenen „Lebensbund“ auf andere, die „zufällig“ auf irgendeiner „Party“ im Haus am Kurzen Buckel 7 waren, abwälzen könne. Auch er selbst habe anscheinend nichts von dem gemeinschaftlich begangenen antisemitischen Angriff mitbekommen, weil er laut Normannia-Sprecher Egon Manz zur Tatzeit „in einem anderen Teil des Hauses weilte“ (Kontext: Wochenzeitung, 23.09.2020). Außerdem habe Heydrich zufolge Parteipolitik „in unserem Anwesen“ nichts verloren. Auch das sei eine Lüge; die Normannia habe immer wieder Parteipolitikern ein Forum geboten: Von der NPD über die AfD bis hin zur CDU oder FDP. Beispielsweise referierte Malte Kaufmann, AfD-Aktivist und derzeit OB-Kandidat für Stuttgart, am 6. Juni 2018 im Haus der Normannia zum Thema „Wirtschafts- und Europapolitik aus christlichem Blickwinkel“. Schließlich kumuliere Heydrichs durchschaubares Lügenkonstrukt in seiner bewusst falschen Angabe, „dass Personen, die der identitären Bewegung angehören, zeitweilig bei“ der Normannia zwar zu Gast gewesen seien, dort aber keine Stammtische durchgeführt hätten. Dabei seien aus Kreisen der „Jungen Alternative“ sowie der verbindungsstudentischen Szene Heidelbergs IB-Stammtische im Haus am Kurzen Buckel 7 eindeutig bestätigt worden. Außerdem haben in der Vergangenheit gleich mehrere Personen, die eindeutig der sogar vom Inlandsgeheimdienst beobachteten „Identitären Bewegung“ (IB) zugerechnet werden können, im Normannen-Haus gewohnt.
Clara Grube von der AIHD/iL merkte dazu an: „Wir halten die Informationen aus den Veröffentlichungen bei indymedia für plausibel. Viele Gerüchte, die sich bislang um die Normannia rankten, scheinen sich dadurch bestätigt zu haben.“
Ebenso hebt der Beitrag hervor, dass bei der Normannia auch ein „Trainer für Explosionsschutz, Eigensicherheit und funktionale Sicherheit bei der Firma Pepperl+Fuchs“ verkehrte. Dieser „Alte Herr“ der „Dresdener Burschenschaft Salamandria“, den die anderen Burschenschaftler immer als „Aluhut“ bezeichnet hätten, sei nicht nur einschlägig bekannter und äußerst aktiver IBler, sondern auch Teilnehmer der rechten Corona-Leugner*innen-Kundgebung am 9. Mai 2020 auf dem Universitätsplatz in Heidelberg gewesen (siehe hierzu unsere PM vom 10. Mai 2020: „Nazis, Querfront und antifaschistischer Protest auf dem Heidelberger Uniplatz“).
Was von der Recherchegruppe darüber hinaus ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird, verdeutlicht eindrucksvoll, wie die Normannia ihre völkisch-nationalistische Politik zur Entfaltung zu bringen versucht und sie von der Aktivitas dauerhaft gewährleistet wissen will. Ein „Alter Herr“ habe der Kontext: Wochenzeitung erzählt, dass bei „Aufnahmegesprächen mit potenziellen Aktiven“ darauf geachtet werde, dass sie zu einem „positiven Patriotismus“ zu stehen hätten. Dass zu diesem „positiven Patriotismus“ auch der „Hitlergruß“, die verbotene Grußformel „Heil Hitler“ und der fest verwurzelte Antisemitismus gehören, unterschlägt der „Alte Herr“ geflissentlich; für ihn sei es „nur“ der Antipode zum „schlechten Chauvinismus“. Dabei scheine der Hitlergruß die „Alten Herren“ nicht weiter zu stören. Auf einem Foto aus dem Normannen-Haus ist zu sehen, wie ein farbentragendes Mitglied der extrem rechten, zu Teilen „identitär bewegten“ Kölner Burschenschaft Germania, zu der sehr gute Beziehungen bestehen, den Hitlergruß zeigt; links neben ihm sitzt ein Manager der MVV Regioplan GmbH.
Clara Grube erklärte hierzu: „Das veröffentlichte Foto spricht Bände: Der Manager eines regionalen Energieversorgungsunternehmes, der sich nicht am Hitlergruß zu stören scheint. Wie bereits mehrfach in den Medien publiziert, scheint dieser verbotene Gruß bei der Normannia ja fast schon alltäglich zu sein.“
Dazu passt auch, dass am 20. April 2020 im Haus der Normannia eine gemeinsame Feier zu Ehren des Geburtstages Adolf Hitlers abgehalten worden sei. Bislang unbestätigte Hinweise auf solche „Führerkneipen“ hatte es schon seit Jahrzehnten gegeben.
Clara Grube abschließend: „Die neueste Veröffentlichung der Recherchegruppe ‚Stückgarten fräsen‘ stellt glaubwürdig dar, dass hinter den jetzt bekannt gewordenen Vorfällen eine gefestigte Struktur steckt. Innerhalb dieses Gesamtzusammenhangs sollen die völkisch-nationalistischen Akteure die organisatorische und inhaltliche Verknüpfung ihrer rechtsradikalen bis offen neonazistischen Burschenschaft mit konservativen Vertreter*innen etwa von CDU/CSU, mit Parteien vom rechten Rand wie AfD oder NPD, mit der ‚Identitären Bewegung‘ sowie weiteren rechten und faschistischen Kreisen ausbauen und aufrechterhalten.“