Am 26. Oktober 2019 fand in Heidelberg erneut eine Seebrücke-Demonstration statt, bei der die AIHD/iL sich mit dem folgenden Redebeitrag beteiligte.
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
dass wir heute hier auf der Straße sind, um für sichere Fluchtrouten, um für offene Häfen, um gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung zu demonstrieren, ist notwendiger und aktueller denn je.
Zahlreiche Seenotretter*innen sehen sich mit jahrzehntelangen Gefängnisstrafen bedroht, weil sie eine großartige Hilfeleistung erbracht haben, nämlich andere Menschen vor dem Tod zu bewahren. Während andere Lebensretter*innen internationale Anerkennung und Auszeichnungen erhalten, werden insbesondere in Italien Aktivist*innen vor Gericht gezerrt und kriminalisiert. So drohen den Iuventa10 im bevorstehenden Prozess bis zu 20 Jahre Haft, weil die Menschen, die sie gerettet haben, nicht Europäer*innen auf einem Ausflugsdampfer oder einem Fischerboot waren, sondern Menschen, die wegen der rücksichtslosen Ausbeutungs- und Kriegspolitik der EU zur Flucht Richtung Norden gezwungen wurden. Ob die Rettung eines Lebens der Anlass für ein Bundesverdienstkreuz oder jahrzehntelange Haft ist, hängt aus Sicht der Gerichte von der Hautfarbe der Geretteten ab. Sie nennen es „Kampf gegen Schleuser“. Wir nennen es Rassismus.
Die systematische Kriminalisierung der Seenotrettung, die Beschlagnahmung der Schiffe und die Sperrung der Häfen stellen keineswegs einen Alleingang der offen rassistischen Rechtsaußen-Regierung in Rom dar. Vielmehr setzt Italien damit die Vorgaben der Festung Europa um, die auch ansonsten keinerlei Menschenrechtsverbrechen scheut, wenn es darum geht, Geflüchtete von den Metropolen fernzuhalten. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Kooperation mit den libyschen Banden, die mit Unterstützung und im Auftrag der EU Folterhöllen für Geflüchtete unterhalten.
Und zugleich arbeitet die Europäische Union, allen voran die Bundesregierung, fleißig an neuen Fluchtbewegungen, indem sie den mörderischen Vernichtungskrieg des türkischen AKP-Regimes und seiner islamistischen Hilfstruppen gegen die kurdischen Gebiete in Rojava nicht nur duldet, sondern unterstützt. Hunderttausende Menschen wurden durch die Bombardierungen und Massaker in die Flucht getrieben.
Der Angriff der Türkei ist dabei nicht nur ein Angriff auf einen Nachbarstaat, sondern ein Angriff auf ein emanzipatorisches Projekt, das nach rätedemokratischen und feministischen Prinzipien ein harmonisches Zusammenleben unterschiedlichster Personengruppen ermöglichte. Wir senden der Demonstration in Solidarität mit Rojava, die zeitgleich in Mannheim stattfindet, unsere kämpferischen Grüße!
Wir fordern die sofortige Einstellung aller Verfahren gegen Seenotretter*innen!
Wir fordern die Öffnung aller Häfen für Rettungsschiffe!
Sichere Fluchtrouten schaffen – Grenzen öffnen!