
Am 31. Mai 2025 fand in Heidelberg die FLINTA* Reclaim the Night-Demo vom Queerfeministischen Kollektiv Heidelberg und vom Queeren Netzwerk Heidelberg statt. Um 21.30 Uhr startete die Demo von der Schwanenteichanlage und führte durch die Untere Straße – einer der vielen Orte in Heidelberg, an denen sich FLINTA*-Personen nachts nicht ohne Angst vor (sexualisierter) Gewalt und Diskriminierung aufhalten können. Die Demo wurde in der Unteren Straße von Männern angegriffen, bedroht, mit Alkohol übergossen und mit Gläsern beworfen. Wir solidarisieren uns mit der Demo und allen Betroffenen!
Die Demo startete ohne Polizei vor Ort, angeblich weil die Demo als zu klein für Polizeibegleitung eingeschätzt wurde. Dass die Cops eine queerfeministische Demo durch die Saufmeile Untere Straße angeblich als sicher einstufen, andere linke Demos aber als massives Sicherheitsrisiko framen, stellt die Absurdität ihrer Sicherheitsanalyse heraus. Insbesondere weil es in der Heidelberger Altstadt nachts ansonsten immer von Bullen wimmelt. Mit dem Urteil diskreditieren die Cops außerdem die gesamte Demo, mit welcher auf die alltägliche Angst und Gefahr, der FLINTA* in unserer Gesellschaft im Patriarchat ausgesetzt sind, und den damit verbundenen strukturellen Täterschutz aufmerksam gemacht werden sollte. Dass FLINTA* von Cops häufig, z.B. nach Gewalterfahrungen, nicht ernst genommen werden, ist ein statistisch belegter Zustand, doch das Abtun einer ganzen Demonstration ist ein besonders offensichtliches Missachten queerfeministischer Befreiungskämpfe.
In der Unteren Straße wurde die Demo von Männern angegriffen. Am vergangenen Wochenende war die Atmosphäre in der Heidelberger Altstadt besonders ekelhaft und unsicher, da in Weinheim der Weinheimer Senioren-Convent stattfand. Einmal im Jahr halten 60 Corps, reaktionäre Studentenverbindungen, in Weinheim auf der Fake-Burg des Weinheimer Verbands Alter Corpsstudenten ein Treffen ab und fallen rund um diesen Termin auch in Heidelberg ein. Dass diese sexistischen und rassistischen Männerbünde an den Übergriffen beteiligt waren, legt auch der Bericht der Demo-Orga nahe, dass die Demo aus einem Verbindungshaus mit Alkohol überschüttet wurde.
Es ist perfide, dass bei der Demo gegen patriarchale Gewalt FLINTA* ebenjene Gewalt, gegen die sie demonstrierten, erfahren mussten. Die Angriffe gegen die FLINTA* Reclaim the night-Demo reihen sich ein in einen neuen Aufschwung an Antifeminismus und Queerfeindlichkeit im Zuge des Rechtsrucks. Jeden dritten Tag wird in Deutschland ein Femizid verübt. Die geschlechtsspezifischen und patriarchalen Motive werden dabei von Polizei und Gerichten nicht anerkannt. In nicht einmal 10% der angezeigten Vergewaltigungen werden die Täter verurteilt. Überhaupt werden 99% aller Sexualdelikte nicht einmal angezeigt, unter anderem weil mit patriarchalem Verhalten der Cops zu rechnen ist. Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit sind grundlegende Mechanismen, die die Gesellschaft strukturieren. Die Polizei soll diese Ordnung aufrecht erhalten. Deshalb stehen sie systemisch ideologisch den Rechten näher als queeren Menschen und FLINTA* Personen, die für ihre Befreiung demonstrieren.
Nazis und andere Rechte haben sich in den letzten Jahren Queerfeindlichkeit und Antifeminismus zum Hauptthema gemacht. Sie idealisieren, wie auch Studentenverbindungen, in ihrer rechten Hetze das Bild einer Kleinfamilie, in welcher ein strikt binäres Geschlechterbild, Heteronormativität und antifeministische Rollenverteilungen herrschen. Queere Menschen werden von ihnen zusehends brutal verfolgt. Bereits im letzten Jahr wurden gezielt CSDs von verschiedenen rechtsradikalen Kräften organisiert angegriffen. Ob die Rechten, die so unverhohlen auf offener Straße queere Menschen und FLINTA* angreifen, Konsequenzen für ihr Handeln erfahren, ist zweifelhaft. Denn das System schützt sie ganz bewusst. Unter der neuen Regierung und einem misogynen und rassistischen Kanzler, werden nach und nach erkämpfte Erfolge und Rechte für FLINTA* rückgebaut.
Deshalb ist und bleibt feministischer und antifaschistischer Selbstschutz notwendig. Wir, als Personen, die nicht in das rechte Weltbild passen, sondern dieses zerschlagen wollen, schützen uns selbst und nehmen uns den Raum. Zeigen wir, dass Parolen wie „Ohne Polizeischutz wärt ihr gar nicht hier“, welche Nazis letztes Jahr beim CSD in Bautzen angestimmt haben, nicht richtig sind. Deshalb freuen wir uns über die Ankündigung, dass bald erneut eine queerfeministische Demo durch die Untere Straße stattfinden soll! Take back the night! Macker gibt´s in dieser Stadt, bildet Banden, macht sie platt!