Am heutigen Montag, 16.9.2024 fand vor dem Landgericht Heidelberg der Auftakt des Berufungsprozesses im Falle „Normannia“ statt. Offensichtlich sollte per „richterlicher Anordnung“ antifaschistische Prozessbeobachtung unterbunden oder zumindest stark erschwert werden: Die ab 8:45 Uhr zahlreich anwesenden Antifaschist*innen mussten vor dem Betreten des Gerichtssaales für die Dauer der Verhandlung nicht nur ihre Handys, Portemonnaies, Schlüssel, Bücher und sogar Plastikkämme, sondern auch ihre Personalausweise abgeben. Skandalöse Begründung: Sollten Antifaschist*innen stören, könnten diese schnell identifiziert und belangt werden.
Die Prozessstrategie der nunmehr nur noch zwei angeklagten Nazis war von Anfang an durchschaubar: Mit ausufernden Eklärungen zur Sache, mit plumpen Ablenkungsmanövern, mit Suggestivfragen durch die Verteidigung wollen sie sich letzten Endes von jeglicher, womöglich karrierehinderlicher Schuld freisprechen lassen und die von mehreren in der Villa Stückgarten Anwesenden begangene antisemitische Gewalttat vom 29.08.2020 banalisieren. Indem sie heute ständig vom „Normannen-Gürtel“ gesprochen haben, der ausschließlich auf dem Burschenhaus am Kurzen Buckel 7 zum festen Ritual gehöre (angeblich seit 2018), zogen die Angeklagten und ihre Verteidiger die „Angelegenheit“ auf das Niveau eines neckischen Brauches herunter, der freundschaftlich und in gegenseitigem Einverständnis durchgeführt werde: zur Begrüßung, als Überraschung, oder am Ende einer Diskussion!?
Wie zu erwarten, waren die Statements aller Angeklagten und burschenschaftlichen Zeugen erneut geprägt von eklatanten Gedächtnislücken, Schilderungen exzessiven Alkoholkonsums und offensichtlichen Widersprüchlichkeiten. Als Zeug*innen vorgeladen waren heute, neben einer Kriminalhauptkommissarin, die bei der Hausdurchsuchung der Villa Anfang September 2020 anwesend und an der Auswertung der Normannen-Chats beteiligt war, vier Burschenschafter: der damalige Vorsitzende des Altherrenverbandes, dessen damaliger Stellvertreter, der Vorsitzende des Altherrenverbandes der „Burschenschaft Germania zu Köln“ und ein Vollmitglied der „Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf“. Letzterer war der Einzige, der es explizit als antisemitisch bezeichnete, dass ein Mensch mit jüdischen Vorfahren mit Münzen beworfen wurde.
Für die drei weiteren Prozesstage sind noch zwölf Zeug*innen geladen; unter ihnen wird auch der inzwischen als rechtskräftig verurteilte „Germane“ sein, der zum damaligen Tatzeitpunkt der „Fuxmajor“ des heute Angeklagten war. Als neuer „Fux“ hat man allen Befehlen seines „Majors“ unwidersprochen Folge zu leisten; alle mit eigenen Augen beobachteten Aktivitäten des „Fuxmajors“ dürfen zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt oder gar thematisiert werden …
Die drei Verteidiger – zusätzlich zu den beiden angekündigten Anwälten Max Bartusch und Andreas Schoemaker war auch Mattis Mayer vor Ort – traten extrem aggressiv und suggestiv auf. Zudem sind die Kanzleien einschlägig bekannt: Die Anwälte haben ebenfalls einen Burschenschaftshintergrund und übernehmen immer wieder Mandate für rechte und faschistische Angeklagte.
Wir werden uns von keinen Einlasskontrollen oder weiteren Schikanen der Repressionsbehörden davon abbringen lassen, diesen Berufungsprozess auch weiterhin antifaschistisch zu begleiten und kritische Gegenöffentlichkeit herzustellen.
Die weiteren Termine sind für den 19., den 24. und den 26. September festgesetzt. Beginn ist jeweils um 9.00 Uhr am Landgericht Heidelberg.
Nie wieder Faschismus – Nie wieder Normannia!